Vielleicht würde hier noch eine Erweiterung um den religiösen Begriff "Gehorsam" Sinn machen, der auch schon fiel.
Eckhart hat geschrieben:Von wârer gehôrsame daz êrste
Vom wahren Gehorsam
Wâriu und volkomeniu gehôrsame ist ein tugent vor allen tugenden, und kein werk sô grôz enmac geschehen noch getân werden âne die tugent; und swie kleine ein werk und swie snœde ez sî, sô ist ez nützer getân in wârer gehôrsame, ez sî messe lesen, hœren, beten, contemplieren oder swaz dû maht gedenken. Nim aber swie snœde ein werk dû wellest, ez sî swaz daz sî, ez machet dir wâriu gehôrsame edeler und bezzer. Gehôrsame würket alwege daz aller beste in allen dingen. Joch diu gehôrsame engeirret niemer niht und enversûmet ouch nihtes, swaz ieman tuot, in deheinen dingen, daz ûz der wâren gehôrsame gât, wan si enversûmet kein guot. Gehôrsame bedarf niemer niht gesorgen, ir engebrichet ouch keines guotes.
Wahrer und vollkommener Gehorsam ist eine Tugend vor allen Tugenden, und kein noch so großes Werk kann geschehen oder getan werden ohne diese Tugend; wie klein andererseits ein Werk sei und wie gering, es ist nützer getan in wahrem Gehorsam, sei's Messelesen oder -hören, Beten, Kontemplieren oder was du dir denken magst. Nimm wiederum ein Tun, so geringwertig du nur willst, es sei, was es auch sei: wahrer Gehorsam macht es dir edler und besser. Gehorsam bewirkt allwegs das Allerbeste in allen Dingen. Fürwahr, der Gehorsam stört nie und behindert nicht, was einer auch tut, bei nichts, was aus wahrem Gehorsam kommt; denn der versäumt nichts Gutes. Gehorsam braucht sich nimmer zu sorgen, es gebricht ihm an keinem Gute.
Swâ der mensche in gehôrsame des sînen ûzgât und sich des sînen erwiget, dâ an dem selben muoz got von nôt wider îngân; wan sô einez im selber niht enwil, dem muoz got wellen glîcher wîs als im selber. Swenne ich mînes willen bin ûzgegangen in die hant mînes prêlâten und mir selber niht enwil, dar umbe muoz mir got wellen, und versûmet er mich an dem teile, sô versûmet er sich selber. Alsô in allen dingen, dâ ich mir niht enwil, dâ wil mir got. Nû merke! Waz wil er mir, dâ ich mir niht enwil? Dâ ich mich ane lâze, dâ muoz er mir von nôt wellen allez, daz er im selben wil, noch minner noch mêr, und mit der selben wîse, dâ er im mit wil. Und entæte got des niht, in der wârheit, diu got ist, sô enwære got niht gereht noch enwære got, daz sîn natiurlich wesen ist.
Wo der Mensch in Gehorsam aus seinem Ich herausgeht und sich des Seinen entschlägt, ebenda muß Gott notgedrungen hinwiederum eingehen; denn wenn einer für sich selbst nichts will, für den muß Gott in gleicher Weise wollen wie für sich selbst. Wenn ich mich meines Willens entäußert habe in die Hand meines Oberen 1 [s. Dist. I (16a für den Ordensmeister, 16b für den Prior)] und für mich selbst nichts will, so muß Gott darum für mich wollen, und versäumt er etwas für mich darin, so versäumt er es zugleich für sich selbst. So steht's in allen Dingen: Wo ich nichts für mich will, da will Gott für mich. Nun gib acht! Was will er denn für mich, wenn ich nichts für mich will? Darin, wo ich von meinem Ich lasse, da muß er für mich notwendig alles das wollen, was er für sich selbst will, nicht weniger noch mehr, und in derselben Weise, mit der er für sich will. Und täte Gott das nicht, - bei der Wahrheit, die Gott ist, so wäre Gott nicht gerecht, noch wäre er Gott, was (doch) sein natürliches Sein ist.
In wârer gehôrsame ensol niht vunden werden 'ich wil alsô oder alsô' oder 'diz oder daz', sunder ein lûter ûzgân des dînen. Und dar umbe in dem aller besten gebete, daz der mensche mac gebeten, ensol niht sîn weder 'gip mir die tugent oder die wîse', oder 'jâ, herre, gip mir dich selber oder êwigez leben', dan 'herre, engip niht, wan daz dû wilt, und tuo, herre, swaz und swie dû wilt in aller wîse'. Daz übertriffet daz êrste als der himel die erden. Und swenne man daz gebet alsô volbringet, sô hât man wol gebetet: als man zemâle ûzgegangen ist in got wârer gehôrsame. Und als wâriu gehôrsame niht ensol haben 'ich wil alsô', alsô ensol niemer von ir gehœret werden 'ich enwil niht'; wan 'ich enwil niht' ist ein wâriu vergift aller gehôrsame. Als dâ sprichet sant Augustînus: »der getriuwe diener gotes den engelüstet niht, daz man im sage oder gebe, daz er gerne hœrte oder sæhe; wan sîn êrster, hœhster vlîz ist ze hœrenne, waz gote allermeist gevellet«.
In wahrem Gehorsam darf kein "Ich will so oder so" oder "dies oder das" gefunden werden, sondern nur vollkommenes Aufgeben des Deinen. Und darum soll es im allerbesten Gebet, das der Mensch beten kann, weder "Gib mir diese Tugend oder diese Weise" noch "Ja, Herr, gib mir dich selbst oder ewiges Leben" heißen, sondern nur "Herr, gib mir nichts, als was du willst, und tue, Herr, was und wie du willst in jeder Weise!" Dies übertrifft das erste (Gebet) wie der Himmel die Erde; und wenn man das Gebet so verrichtet, so hat man wohl gebetet: wenn man in wahrem Gehorsam kein "Ich will so" kennen soll, so soll auch niemals von ihm vernommen werden "Ich will nicht"; denn "Ich will nicht" ist wahres Gift für jeden Gehorsam. Wie denn Sankt Augustin sagt: "Den getreuen Diener Gottes gelüstet nicht, daß man ihm sage oder gebe, was er gern hörte oder sähe; denn sein erstes, höchstes Bestreben ist zu hören, was Gott am allermeisten gefällt."
http://eckhart.de/reden.htmAgape hat geschrieben:Über Demut bräuchte man nicht "nachzudenken", im Sinne von "wie sollte ich mich verhalten, damit es demütig wirkt"?
An sich wohl ja.
Demut würde sich "von selbst ergeben", indem es gar nicht möglich wäre, anders zu sein, als es der wahrhaftig empfundenen Liebe zu Gott/dem Nächsten entspricht, die aus dem Herzen und nicht aus angelernten Verhaltensregeln stammt.
Oder es würde dem anderen z.B. halt zugehört, weil ihm gegenüber eine entsprechende Haltung vorliegt.
Könnte eventuell gesagt werden, dass "wahre" Demut eine Auswirkung von Gottes- und Nächstenliebe sei?
In diesem Sinne schon, würde ich sagen:
"Darum, geliebte Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam aber zum Reden, langsam zum Zorn." Jak 1,19
Demut gemäss Konditionierungsidealen hingegen nur der Gegenpol zum Hochmut?
Der Gegenpol?