Sarah hat geschrieben:(269) Was die innere Stille betrifft, so kann sie die Abwesenheit von Erinnerungen, Plänen, inneren Monologen, Sorgen ... sein. Noch wichtiger aber ist, dass sie dank eines Willensaktes aus dem Zurückweisen von ungeordneten Leidenschaften oder übertriebenen Sehnsüchten hervorgehen kann. Die Kirchenväter geben der Stille einen bedeutenden Platz im asketischen Leben. Ich denke an den heiligen Ambrosius, den heiligen Augustinus und den heiligen Gregor den Großen sowie an die Regel des heiligen Benedikt über die "Schweigsamkeit" oder seine Worte über das Schweigen der Nacht, durch die er sich als Jünger des Johannes Cassian erweist. Seit diesen Lehrmeistern haben alle Ordensgründer im Mittelalter, gefolgt von den Mystikern der katholischen Reform, auf die Wichtigkeit der Stille hingewiesen, die über die asketische und mystische Dimension hinausgeht.
[...] Der heilige Basilius betrachtet die Stille nicht nur als asketische Notwendigkeit für das Leben im Kloster, sondern als Voraussetzung für eine Begegnung mit Gott. Die Stille geht diesem privilegierten Moment voraus, sie bahnt ihn an, gerade dann, wenn wir vor Gott treten, woraufhin Er von angesicht zu Angesicht mit uns sprechen kann, wie wir es mit einem Freund tun.
Stille / Leere
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Re: Stille / Leere
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Re: Stille / Leere
Marsianer hat geschrieben:Sarah hat geschrieben: Der heilige Basilius betrachtet die Stille nicht nur als asketische Notwendigkeit für das Leben im Kloster, sondern als Voraussetzung für eine Begegnung mit Gott.
Eine grundsätzliche Frage:
Gibt es nicht auch Menschen, welche Stille aufsuchen und dabei Gott in sich finden, ohne etwas von Askese zu wissen - und auch ohne bewusste Absicht, Gott begegnen zu wollen?
Worin würde sich der mittels Askese bewusst nach Gottes Begegnung in der Stille Suchende innerlich vom anderen unterscheiden?
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Re: Stille / Leere
Agape hat geschrieben:Gibt es nicht auch Menschen, welche Stille aufsuchen und dabei Gott in sich finden, ohne etwas von Askese zu wissen - und auch ohne bewusste Absicht, Gott begegnen zu wollen?
In diesen Zusammenhängen, um die es da dann oft geht, wird es wohl um Menschen gehen, die für sich genommen noch stärker im Zwiespalt sind, die es in ihnen irgendwie auch nach solchen Dingen verlangt, der "Askese" als Prinzip entgegensteht, das eben letztlich wieder durch Beachtung einer Art von Regel "besser leben" möchte. Das ist ja eine Art Zwiespalt, die es im Jakobgut ähnlich gibt. Die Ausrichtung ist eben in gewisser Weise gegeben, für Menschen die dies wollen, soll ein Freiraum bei uns existieren. Wenn aber jetzt Menschen aus anderen Gründen es attraktiv fänden bei uns mitwohnen zu können, dann könnte die grundlegende Ausrichtung auf sie wirken, wie ein lästiges Regelwerk, das man eben befolgen soll, weil es sonst Probleme mit den anderen Menschen dort gäbe (und wenn nicht, umso besser, dann hält man sich eben mehr und mehr nicht mehr daran auf es zu verbergen, daß man das was da umrissen wird eigentlich doof findet). Wenn aber ein Mensch diesen Ort findet, der aus sich heraus ziemlich so leben möchte, dann erkennt er diesen Freiraum vielleicht als solchen und so in der Natur, die ihm eigentlich ursprünglich zugedacht ist. Er erkennt dann dort eine Chance einfach leben zu können und weiß vielleicht nicht, was "Askese" als Wort bedeutet und was viele Menschen aus soeiner Wollensorientierung in Richtung neuer Gesetzlichkeiten veranstalten.
Worin würde sich der mittels Askese bewusst nach Gottes Begegnung in der Stille Suchende innerlich vom anderen unterscheiden?
Es kommt darauf an, lebt jemand "Askese" und kommt damit einem eigenen Herzenswunsch nach und fühlt, daß er so für sich z.B. mehr Freiheit findet, mehr Leben? Oder befolgt jemand vielleicht "klösterliche Askese", weil ihm andere Menschen sagten, er würde so zu Gott finden können?
Der Grund von alledem hat nach meinem Verständnis nicht viel mit "wenig Materielles haben" zu tun. Jemand kann viel haben, es muß ihn nicht zwangsläufig von Geistigem, innerer Wachheit abhalten. Er kann täglich Kaviar essen oder sonstwas, es ist egal. Einer der entscheidenden Punkte wäre allerdings: Was geschieht in ihm, wenn er es plötzlich nicht mehr zur Verfügung haben würde?
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Re: Stille / Leere
"Askese" wird als Begriff meist aus Sicht der Welt verwendet. Aus meiner Sicht haben diese Dinge ja oft nicht nur eine Seite. "Askese" aus Sicht des Gottgeistes oder auch der eigenen Seele (nach meinen Begriffen) kann sein, innerlich eigentlich mehr zum Geist zu wollen, sich dies aber zu verwehren wegen Anforderungen der Welt, Haltungen anderer Menschen, deren Kommentare, Skepsis wegen des Lebensstils und so weiter. Dann würde der Mensch sich des Geistes oder der Nähe zu seinem eigentlichen Sein, seinem wahren seelischen Zustand selbst verwehren zuliebe der Welt und von Menschen, die sie lieben, ihre Angelegenheiten stark vor allem anderen verstehen und wertschätzen (was wohl geordneter formuliert ist als es in solchen Leuten dan tatsächlich ausschaut).
Diese weltliche Seite mag es spirituelle "Askese" wie etwas zu beäugen, bei dem Menschen meinen, wenn die einen leeren Raum in sich schaffen, dann würde wegen der Leere darin frisches Quellwasser nachströmen, wie in einem klassischen gemauerten Brunnen. Das funktioniert ja auch in gewisser Hinsicht, nur wird selten aus dieser Warte aus gesehen, daß es gar nicht selten auch andersherum sein kann. Ein Mensch empfindet die vielen weltlichen Aspekte in seinem Alltag als ungünstig, er würde sich gerne von solchen mehr befreien, weltlich gesehen einfacher leben, um zugleich mehr Raum zu schaffen, die das Seelische oder sogar Gottgeistige in ihm, das innen nach mehr Raum drängt. Ich vermute, das ist so selten gar nicht in irgendeiner Form. Aber aus Perspektive der Welt ist soetwas unverständlich, daher existiert es für sie kaum irgendwie und sie übt Druck aus auf die Menschen, die Schritte in eine solche Richtung gehen, damit sie dies wieder sein lassen oder wenigstens nicht weitergehen. Ihr Paradies sind weltliche Dinge, Menschen, die sich von diesen wegentwickeln, diese endgültiger mehr und mehr ablegen "entgleiten" ihnen in ihrem Empfinden, es gibt immer weniger Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte, etwas stimmt offenbar nicht mit ihnen.
Soetwas würde auch in einer Gemeinschaft wie dem Jakobgut um sich greifen, wenn solche Menschen wieder unproblematisch einziehen würden. Wenn sie den eigentlichen primärsten Zweck des Ortes nicht verstehen, dann werden sie nach unserer auch real gemachten Erfahrung immer mit großer Macht, der Arroganz des Mainstreams versuchen den Ort zu etwas umzuordnen, das dem entspricht, womit sie aus ihrem Herzen heraus etwas anfangen können. Aber es soll ein Ort sein, an dem Menschen mit anderen Menschen zusammen sich mehr auf Seelisches oder sogar Gottgeistiges fokussieren könnten. sich dazu auch so manches zu sagen haben würden, da es sie alle mehr oder weniger, so oder so wirklich innerlich bewegt. Sie dies bereisten und sich immer weiter erschließen und sich darin auskennen, anders als die, die die materielle, fleischliche Welt und die Dinge in ihr lieben.
Diese weltliche Seite mag es spirituelle "Askese" wie etwas zu beäugen, bei dem Menschen meinen, wenn die einen leeren Raum in sich schaffen, dann würde wegen der Leere darin frisches Quellwasser nachströmen, wie in einem klassischen gemauerten Brunnen. Das funktioniert ja auch in gewisser Hinsicht, nur wird selten aus dieser Warte aus gesehen, daß es gar nicht selten auch andersherum sein kann. Ein Mensch empfindet die vielen weltlichen Aspekte in seinem Alltag als ungünstig, er würde sich gerne von solchen mehr befreien, weltlich gesehen einfacher leben, um zugleich mehr Raum zu schaffen, die das Seelische oder sogar Gottgeistige in ihm, das innen nach mehr Raum drängt. Ich vermute, das ist so selten gar nicht in irgendeiner Form. Aber aus Perspektive der Welt ist soetwas unverständlich, daher existiert es für sie kaum irgendwie und sie übt Druck aus auf die Menschen, die Schritte in eine solche Richtung gehen, damit sie dies wieder sein lassen oder wenigstens nicht weitergehen. Ihr Paradies sind weltliche Dinge, Menschen, die sich von diesen wegentwickeln, diese endgültiger mehr und mehr ablegen "entgleiten" ihnen in ihrem Empfinden, es gibt immer weniger Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte, etwas stimmt offenbar nicht mit ihnen.
Soetwas würde auch in einer Gemeinschaft wie dem Jakobgut um sich greifen, wenn solche Menschen wieder unproblematisch einziehen würden. Wenn sie den eigentlichen primärsten Zweck des Ortes nicht verstehen, dann werden sie nach unserer auch real gemachten Erfahrung immer mit großer Macht, der Arroganz des Mainstreams versuchen den Ort zu etwas umzuordnen, das dem entspricht, womit sie aus ihrem Herzen heraus etwas anfangen können. Aber es soll ein Ort sein, an dem Menschen mit anderen Menschen zusammen sich mehr auf Seelisches oder sogar Gottgeistiges fokussieren könnten. sich dazu auch so manches zu sagen haben würden, da es sie alle mehr oder weniger, so oder so wirklich innerlich bewegt. Sie dies bereisten und sich immer weiter erschließen und sich darin auskennen, anders als die, die die materielle, fleischliche Welt und die Dinge in ihr lieben.
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Re: Stille / Leere
Wenn man zu lange in einem stillen raum sitzt, kann man dann wahnsinnig werden?
Bei youtube habe ich mal was gesehen, wo jemand einen Rekord aufstelllen wollte und sich in einen speziellen schalldichten Raum gesetzt hat und dort das Licht ausgemacht wurde. Ich glaube, nach 25 min war es derjenigen Person schon zu still. Ich meinte mich zu erinnern, das derjenige über 1h ausgehalten hatte oder so.
Bei youtube habe ich mal was gesehen, wo jemand einen Rekord aufstelllen wollte und sich in einen speziellen schalldichten Raum gesetzt hat und dort das Licht ausgemacht wurde. Ich glaube, nach 25 min war es derjenigen Person schon zu still. Ich meinte mich zu erinnern, das derjenige über 1h ausgehalten hatte oder so.
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Re: Stille / Leere
Wieso war es ihr zu still? Was genauer empfand die Person als unangenehm? Oder wurde das da nicht genauer reflektiert?
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Re: Stille / Leere
christ hat geschrieben:Wenn man zu lange in einem stillen raum sitzt, kann man dann wahnsinnig werden?
Bei youtube habe ich mal was gesehen, wo jemand einen Rekord aufstelllen wollte und sich in einen speziellen schalldichten Raum gesetzt hat und dort das Licht ausgemacht wurde. Ich glaube, nach 25 min war es derjenigen Person schon zu still. Ich meinte mich zu erinnern, das derjenige über 1h ausgehalten hatte oder so.
Marsianer hat geschrieben:Wieso war es ihr zu still? Was genauer empfand die Person als unangenehm? Oder wurde das da nicht genauer reflektiert?
Ich habe das video gefunden, wo ich dies gesehen habe.
https://www.youtube.com/watch?v=6BOFBmlB4Fg
Bei der Zeit dort bei dem video ab 5:29 könnt ihr es selbst euch anschauen.
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Re: Stille / Leere
christ hat geschrieben:Bei der Zeit dort bei dem video ab 5:29 könnt ihr es selbst euch anschauen.
Jeder kenne den Wunsch nach absoluter Stille. Aha?
Notizen dazu: Rauschen des eigenen Blutes nach wenigen Minuten in der schalltoten Kammern an einer Uni laut wie ein Zug "hören". Zeitgefühl verlieren (bei absoluter Dunkelheit, selbst keine Geräusche produzieren dürfen, nur alle 5 Minuten etwas sprechen dürfen - wie passt das denn zusammen?? Woher sollte er wissen, wann 5 Minuten vorbei wären?? Durch ein Signal? Dann hätte er doch eine zeitliche Orientierung gehabt). Nach einer Stunde habe er Dinge gesehen "die nicht real waren". Schaffte aber dann den "Weltrekord" nicht nur knapp zu überbieten, habe es dann aber bei ca. 90 Min wohl nicht mehr ausgehalten.
"Meditation", in die Stille gehen sollte jemand, dem es um die Stille ginge nicht so angehen wie eine Wette gegenüber anderen Menschen. Da wäre die Stille dann ja auch gar nicht das innere Ziel. Und es wäre in dem Setting eine für Wetten typische Extremsituation, ähnlich einer "Mutprobe". Kein allmähliches Hineinfinden in die Stille, das was jemandem aus seiner Seele ihm darin begegnet. Vermutlich werden ihm auch viele "Gedanken" gekommen sein, wenn er so dahineingegangen war? Aber dazu wurde wohl nichts wirklich beschrieben?
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Re: Stille / Leere
Hier auch mal eine berechtigte Diskussionsthematik: Inwieweit ist der "Lärm" von außen eigentlich etwas, das zwangsläufig auf uns wirkt?
https://www.yogaeasy.de/artikel/meditat ... kung-tipps
Pascal Akira Frank hat geschrieben:Wenn das nächste Mal eine Fliege Ihre Meditation stört, dann finden Sie zunächst einmal heraus, worin genau die Ursache der Störung liegt. Wenn es die Lautentwicklung und das Kribbeln sind, dann gehen Sie damit am besten genauso um wie mit allen anderen körperlichen Empfindungen: im Zustand offenen Gewahrseins wahrnehmen, ohne sie zu bewerten und sich davon verrückt machen zu lassen. Nehmen Sie die Empfindung einfach nur wahr.
Erst wenn sich der bewertende und analysierende Verstand einschaltet und uns sagt: »Wie nervig! Wie soll ich denn so meditieren können?«, wird aus den körperlichen Empfindungen ein Problem. Davor waren es nur Reize, die wir durch unsere Sinne wahrgenommen, dann durch das Nervensystem verarbeitet haben, und die sich schließlich als körperliche Empfindung ausdrückten. Jetzt, wo wir sie bewerten und in ihrer Wirkung analysieren, erwachsen aus ihnen negative Gedanken und Gefühle, unter denen wir leiden. Bleiben das Analysieren und Bewerten durch den Verstand aus, gibt es auch kein Hindernis und damit kein Leiden.
Letztlich ist die Problemstellung hier nicht anders als bei körperlichen Schmerzen, die beim Sitzen auftreten können, wie Jucken, Druckgefühle, Taubheit etc. In Kurzform: Nehmen Sie die von der Fliege verursachte körperliche Empfindung idealerweise mit einem neutralen, nicht bewertenden Gewahrsein wahr. Ignorieren Sie sie, solange Sie können, und machen Sie sie zu Ihrem Meditationsobjekt, wenn die Ablenkung zu groß wird.
Seien Sie sich dabei immer bewusst, dass die Erfahrung von Schmerz oder unangenehmen körperlichen Empfindungen unumgänglich ist. Schließlich sind wir Menschen, die mit einem Nervensystem und Schmerzrezeptoren ausgestattet sind. Doch Leiden ist stets auch eine Frage unserer inneren Haltung. Erst wenn der Schmerz mit Widerwillen verbunden ist, wird aus ihm Leiden. Gelingt es uns aber, ihn zu akzeptieren, so wie er ist, dann ist der Schmerz nur Schmerz, und nicht mehr. Mit wachsender Übung fällt dies zunehmend leichter, sowohl bei körperlichen Schmerzen als auch bei Empfindungen wie Kribbeln oder Jucken, die eher ablenkend als schmerzhaft sind.
Sollte es sich bei der Störung durch die Fliege eher um eine gefühlsmäßige Abneigung handeln, dann können Sie auch in diesem Fall mit dem Gefühl umgehen wie mit allen anderen Gefühlen und Emotionen, die während des Meditierens auftreten können: Nehmen Sie es mit achtsamem, offenem Gewahrsein wahr. Sie unterdrücken es also weder vorsätzlich, noch geben Sie ihm nach – das würde es nur noch verstärken. Lassen Sie es einfach kommen, wenn es kommt, nehmen Sie es wahr, solange es da ist, und lassen Sie es gehen, wenn es geht. Nutzen Sie die Gelegenheit, die Ihnen die Fliege bietet, um das offene, nicht bewertende Gewahrsein einzuüben.
Statt sich in Gefühlen der Abscheu zu ergehen und über die Fliege zu ärgern, sollten Sie versuchen, die Fliege statt als Gegner als Ihren Freund zu betrachten. Heißen Sie sie willkommen, wie Sie es mit einem guten Freund machen würden. Im Buddhismus spricht man in diesem Zusammenhang von liebender Güte (Metta), die man seinen Mitmenschen und eben auch Mitgeschöpfen entgegenbringen kann. Wenn Sie für eine vermeintlich störende Fliege liebende Güte statt Abneigung fühlen, dann schaffen Sie es bestimmt leicht, auch anderen Wesen gegenüber – vom taktlosen Kollegen bis zum nervenden Sitznachbarn im Bus – so zu empfinden. Auch für die Praxis der liebenden Güte gibt Ihnen die Fliege also eine wertvolle Gelegenheit zur Übung. Nutzen Sie sie!
https://www.yogaeasy.de/artikel/meditat ... kung-tipps
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Re: Stille / Leere
Die Sufis sprechen z.B. viel über das Erinnern Gottes, die Erinnerung des Herzens, über das Gebet, das Studium des Korans. Und obwohl sie keine Meditationstechniken beschrieben, deutet doch vieles darauf hin, dass sie Meditation praktizierten.
Es gibt eine wunderschöne Geschichte von Bâyezîd Bistâmî, er war einer jener frühen Sufis, der diese unglaublichen Zustände von Einheit mit Gott und tiefe Zustände von Berauschtheit erlangte.
Bâyezîd Bistâmî saß zu Füssen seines Lehrers, als dieser ihn plötzlich bat: "Bâyezîd, hol mir das Buch dort beim Fenster."
"Das Fenster? Welches Fenster?", fragte Bâyezîd.
"Wie denn?", sagte der Meister, "all diese Zeit bist du hierhergekommen und hast das Fenster nicht gesehen?"
"Nein", erwiderte Bâyezîd. "Was habe ich mit dem Fenster zu schaffen? Wenn ich in Eure Gegenwart komme, schließe ich meine Augen vor allem anderem. Ich bin nicht gekommen, um herumzuschauen."
"Da dem so ist", sagte der Lehrer, "kehre zurück nach Bestâm. Deine Arbeit ist vollendet." (1)
Diese Art von Ausschließlichkeit, diese Art von geradeaus gerichtetem Blick, der nie zur Seite schweift, ist eine Eigenschaft der inneren Ausgerichtetheit, die zur Meditation gehört.
[...]
Was mögen die Gründe dafür sein, dass diese Techniken in Indien so gut und detailliert dokumentiert wurden, im Sufismus des Mittleren Ostens hingegen nicht? Wie bereits erwähnt, ich kann weder Arabische noch Persische Quellen lesen, und so mag es in irgendwelchen Bibliotheken in Kairo oder Alexandria Aufzeichnungen geben, die Anleitungen für Sufi Meditationstechniken enthalten. Aber unser Pfad, der Naqshbandi Pfad, dem ich zugehöre, gelangte im 17. Jahrhundert nach Indien und übernahm dort einige indische Meditationstechniken und entwickelte sie weiter.
Doch wenn man zwischen den Zeilen liest, oder man gezielt sucht, dann ist es, auch bei diesen frühen Meistern wie Muhâsibî oder Bâyezîd Bistâmî, ganz offensichtlich, dass im frühen Sufismus Meditation praktiziert wurde. Daran möchte ich nun anknüpfen.
Wie bereits erwähnt, ist es wichtig zu verstehen, dass es eine Technik ist, um den Verstand hinter sich zu lassen, mit seinem fortwährenden Geplapper, das einem von anderen Bewusstseinsebenen, von anderen Realitätsebenen trennt. Dahinter stehen die Überlieferung und das esoterische Wissen, dass der Mensch auf vielen verschiedenen Bewusstseinsebenen funktionieren kann. Aber man braucht Techniken, um sich für diese Bewusstseinsebenen zu öffnen.
Im Sufismus ist, anders als im Buddhismus, das zentrale Thema die Beziehung des Liebenden zum Geliebten. Dies ist der Kern, die Essenz des Sufismus; es ist eine Liebesbeziehung mit Gott. Ob du den Geliebten nun Er, Sie, Es nennst, spielt keine Rolle -- es ist eine Liebesgeschichte. Ich benutze oft die Bezeichnung "Er", weil es mir schwierig erscheint, mit einem "Es" eine Liebesbeziehung zu haben.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit kurz hinzufügen, dass mich verschiedentlich Leute gefragt haben: "Aber warum benutzt du die Bezeichnung "Er", um den Geliebten zu benennen?". Der Grund dafür ist ganz persönlicher Natur, denn ich war bei meinen ersten direkten Erfahrungen von dem, was ich nur den Geliebten nennen kann, in einem Zustand weiblicher Empfängnis. Man sagt: "Die Seele ist immer weiblich vor Gott." Und der Geliebte kam zu mir als männliche Energie, die mich durchbohrte, wie bei dieser schönen Bernini Skulptur von Theresa von Avila, wo der Pfeil ihr Herz durchbohrt. So habe ich es erfahren.
[...]
Der Mystiker weiß, dass dieses Treffen das Kostbarste ist, was es gibt: die direkte Erfahrung Gottes. Darin besteht grundsätzlich der Unterschied zwischen Mystikern und religiösen Personen, zwischen Esoterik und Exoterik. Wie Jâmî sagt: "Warum Berichten aus zweiter Hand lauschen, wenn du den Geliebten selbst sprechen hören kannst?"
Bei der Mystik geht es um direkte Erfahrung, und einem jeden von uns steht diese direkte Erfahrung Gottes zu. Dafür braucht es aber einen Ort, wo diese stattfinden kann. Für den Sufi geschieht dies im Herzen, im Bewusstsein des Herzens.
Wenn man dieser Beziehung nicht im Weg stehen will, müssen als erstes all diese Alltagsgedanken, all dieser Müll, all dieses unaufhörliche Geschwätz und Geplapper, alles, was uns ablenkt, all diese Bilder beiseite geräumt werden. So schafft auf gewisse Weise die Meditation zu Beginn einen Raum, wo man bewusst auf Gott hören und mit Ihm sein kann.
Wir sind alle jederzeit mit Gott, dies ist eine der mystischen Wahrheiten: Es gibt nichts außer Gott. Aber der Pfad der Gnosis, der Pfad der direkten Erfahrung, besteht darin, sich dieser Beziehung bewusst zu werden, so dass sich eine Liebesbeziehung entwickelt, die immer tiefer und tiefer wird. Und das erfordert Kommunikation. Man muss mit Gott sprechen und Ihm auch zuhören und einen Raum schaffen, wo man Gott zuhören und dieser außergewöhnliche Dialog zwischen der Seele und Gott stattfinden kann.
Er spricht nicht oft mit lauter Stimme. Er poltert nicht immer an der Tür. Oft spricht er sehr leise. Er flüstert dir die Geheimnisse deiner Seele zu. Und die Geheimnisse der Liebe. Es ist wunderschön, wenn dir in deinem Herzen all diese Geheimisse erzählt werden und du sie vernimmst. Aber man muss zuhören lernen, und das bedeutet, dass der Verstand still werden muss und man all diese Alltagsgedanken weglegt. Dies ist einer der ersten Schritte in der Meditation. Man schafft einen Raum im Herzen und im Verstand, wo man mit Gott sein kann, wo man lernen kann, Gott zuzuhören. Das ist möglich.
Unsere westliche Kultur misst dem Verstand große Bedeutung zu. Wir leben in einer mentalen Kultur. Man erzieht uns dazu, den Verstand zu entwickeln. Der Verstand ist, was wir wertschätzen. Wenn wir wirklich mit dem mystischen Leben beginnen, dann sehen wir allmählich eine andere Wahrheit. Wir beginnen zu sehen, dass es eine andere Form von Bewusstsein gibt, die nichts mit Denken gemein hat. Das bedeutet nicht, dass man nichts versteht, denn es gibt das Verstehen des Herzens. Dies ist etwas, was im Sufismus entwickelt wird, dieses Verstehen des Herzens. Aber das braucht Empfängnisbereitschaft, das bedingt Zuhören. Dies sind natürlich weibliche Eigenschaften.
https://goldensufi.org/de/wo-die-beiden ... meditation
Welches Fenster? Er wird gefragt und schaut nicht wo im Raum ein Fenster ist? Denn das könnte ein Mensch wohl leicht tun, auch wenn er vorher nicht auf soetwas geachtet haben würde? Er will sich mit soetwas nicht befassen? Er will auch gar keine Bücher für diesen "Lehrer" herbeiholen?
Was ist Meditation? Im Zitat eins weiter oben wird die Art der Wahrnehmung der Fliege thematisiert. Hier ginge es mehr darum nur manches wahrzunehmen? Wer es als spirituelle Reife deutet eine Art von "Fähigkeit zu Konzentation" in sich herauszubilden, der wird sie nutzen wollen, um zu manchem hin- von anderem wegzulenken? Der offene Sinn von jemand anderem würde hingegen alles wahrnehmen, er wäre sozusagen auch "der Fügung" gegenüber offener, während "Konzentration" (eine Art Filter unter der Kontrolle eines wohl menschlichen Wollens, Wegentscheidungen aus unvollkommenem Erkennen, von außen aufgenommenen befolgten Lehren) eine Falle sein kann, in der man sich von dem Erkennen des eigenen Zustands abzuhalten vermag.
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Re: Stille / Leere
Wie er es wohl wahrnehmen würde, wenn ihn in dieser Zeit immer mal wer unterbricht? Oder ginge das nicht? Aber wenn nicht, wozu würde er dann seine Zimmertür schließen?
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Ich nahm mir eine Stunde Zeit pro Tag und machte die Türe des Zimmers zu und legte mich hin und ging einfach weg und kam wieder zurück.
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Re: Stille / Leere
Marsianer hat geschrieben:"Meditation", in die Stille gehen sollte jemand, dem es um die Stille ginge nicht so angehen wie eine Wette gegenüber anderen Menschen. Da wäre die Stille dann ja auch gar nicht das innere Ziel. Und es wäre in dem Setting eine für Wetten typische Extremsituation, ähnlich einer "Mutprobe".
“Meditation", „in die Stille gehen“
„Vision“, auch in die Stille gehen?
„Samadhi“, die in Samadhi gemachte Erkenntnis ist göttliche Erkenntnis. Es ist übersinnliche, intuitive Erkenntnis, wohin Vernunft, Schlußfolgerung und Beweis nicht gelangen können.
Ein Zustand vollkommenen Wachseins.
Würde ich gerne anhängen.
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