Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
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Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Worum geht es dem Jakobgut, wenn es dem gegenseitigen Kennenlernen eine so hohe Priorität einräumt? Weshalb findet dieses Kennenlernen seinen Ausdruck in schriftlicher Form? Kann man jemanden überhaupt "richtig" kennenlernen, den man weder sieht noch hört und dessen Name, Alter und gesellschaftlicher Status eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheinen?
Auf etliche Menschen wirkt dies wohl ungewöhnlich und sie stellen sich vielleicht vor, es ginge darum, sich mit dem Umgang von Sichtweisen zu verschiedenen Themen abzugleichen und hauptsächlich darin eine Übereinstimmung anzustreben. Dabei scheint offenbar des Öfteren mehr oder weniger bewusst "vergessen" zu gehen, dass es ja auch sehr bedeutsam wäre, den direkten menschlichen Umgang miteinander abzutasten und zu verstehen versuchen - sich beispielsweise dafür zu interessieren, wie das Gegenüber denkt und fühlt, wenn es nicht um spezifische Themen im Aussen, sondern vor allem in seiner inneren Welt geht.
Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
Auf etliche Menschen wirkt dies wohl ungewöhnlich und sie stellen sich vielleicht vor, es ginge darum, sich mit dem Umgang von Sichtweisen zu verschiedenen Themen abzugleichen und hauptsächlich darin eine Übereinstimmung anzustreben. Dabei scheint offenbar des Öfteren mehr oder weniger bewusst "vergessen" zu gehen, dass es ja auch sehr bedeutsam wäre, den direkten menschlichen Umgang miteinander abzutasten und zu verstehen versuchen - sich beispielsweise dafür zu interessieren, wie das Gegenüber denkt und fühlt, wenn es nicht um spezifische Themen im Aussen, sondern vor allem in seiner inneren Welt geht.
Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Da ich im Kennenlernprozess ohne jegliche persönliche Begegnung oder Vorgeschichte bin finde ich Deinen Thread spannend.
Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet. Die Antwort lautet ziemlich sicher nein. Es gibt ja immer wieder Extremsituationen, wo ein scheinbar vertrauter Mensch plötzlich Dinge tut, welche den Gegenüber überraschen oder sogar schockieren - ganz hartes Beispiel: bei Mördern sind meistens alle total überrascht (... aber er hat doch immer so nett gegrüßt ...). Aber auch positiv: plötzlich erfährt man in einer Notsituation von jemandem Unterstützung, den man nur als nüchtern-funktional kannte. Also scheinen hören, sehen, Name usw. nicht entscheidend für das Kennenlernen der Persönlichkeit zu sein.
Ob das Kennenlernen schriftlich besser geht ist eine gute Frage. Ihr seht es wahrscheinlich so, weil ihr diesen Ansatz seit langem verfolgt. Ich kann mir vorstellen, dass es schriftlich leichter fällt, von den Äußerlichkeiten zu abstrahieren, zumal wenn man sich noch gar nicht persönlich kennt. Ob die Konversationspartner dann allerdings auch bereit sind, sich in dieser zunächst abstrakten Kommunikation in ihrem wahren Wesen zu zeigen, das hängt wohl von den Persönlichkeiten und von der gemeinsamen Konversationskultur ab.
Stimmt, mir fällt es auch leichter, mich bei spezifischen Themen abzugleichen. Wie tastet man den direkten menschlichen Umgang ohne Themen ab? Gibt es das überhaupt? Es müsste tatsächlich das "ich" der Gesprächspartner in den Mittelpunkt gestellt werden. Geht es dabei um solche Fragen: Wie fühlst Du dich jetzt, was denkst Du? Was denkst Du über mich? Ich denke Folgendes über Dich ... stimmt das und akzeptierst Du, so wahrgenommen zu werden?
Diese Scheu gibt es sicherlich. Mir scheint, im Allgemeinen halten viele absichtlich Distanz außerhalb des engeren Familien- und Freundeskreises. Um dem anderen nicht zu nahe zu treten, ja, aber auch der Zeitökonomie wegen (Zeit ist oft ein begrenzender Faktor) und weil man auf der Sachebene bleiben möchte, um Sachthemen zu bearbeiten. Ob das auf lange Sicht richtig ist kann man natürlich auch hinterfragen - wenn sich im Seelenleben die Probleme auftürmen kann dies auch die gemeinsame Sacharbeit behindern oder verhindern. Wenn andererseits die Begegnung Konflikte erzeugt oder offenlegt wünscht man sich, man hätte Distanz gehalten und wäre auf der Sachebene geblieben, solange es halt geht ...
Wenn man es nicht gewohnt ist braucht es wohl einiger willentlicher Bemühungen und Ermunterungen, um sich auf ein echtes Kennenlernen einzulassen gegenüber kürzlich noch unbekannten Menschen.
Agape hat geschrieben:Worum geht es dem Jakobgut, wenn es dem gegenseitigen Kennenlernen eine so hohe Priorität einräumt? Weshalb findet dieses Kennenlernen seinen Ausdruck in schriftlicher Form? Kann man jemanden überhaupt "richtig" kennenlernen, den man weder sieht noch hört und dessen Name, Alter und gesellschaftlicher Status eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheinen?
Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet. Die Antwort lautet ziemlich sicher nein. Es gibt ja immer wieder Extremsituationen, wo ein scheinbar vertrauter Mensch plötzlich Dinge tut, welche den Gegenüber überraschen oder sogar schockieren - ganz hartes Beispiel: bei Mördern sind meistens alle total überrascht (... aber er hat doch immer so nett gegrüßt ...). Aber auch positiv: plötzlich erfährt man in einer Notsituation von jemandem Unterstützung, den man nur als nüchtern-funktional kannte. Also scheinen hören, sehen, Name usw. nicht entscheidend für das Kennenlernen der Persönlichkeit zu sein.
Ob das Kennenlernen schriftlich besser geht ist eine gute Frage. Ihr seht es wahrscheinlich so, weil ihr diesen Ansatz seit langem verfolgt. Ich kann mir vorstellen, dass es schriftlich leichter fällt, von den Äußerlichkeiten zu abstrahieren, zumal wenn man sich noch gar nicht persönlich kennt. Ob die Konversationspartner dann allerdings auch bereit sind, sich in dieser zunächst abstrakten Kommunikation in ihrem wahren Wesen zu zeigen, das hängt wohl von den Persönlichkeiten und von der gemeinsamen Konversationskultur ab.
Agape hat geschrieben:Auf etliche Menschen wirkt dies wohl ungewöhnlich und sie stellen sich vielleicht vor, es ginge darum, sich mit dem Umgang von Sichtweisen zu verschiedenen Themen abzugleichen und hauptsächlich darin eine Übereinstimmung anzustreben. Dabei scheint offenbar des Öfteren mehr oder weniger bewusst "vergessen" zu gehen, dass es ja auch sehr bedeutsam wäre, den direkten menschlichen Umgang miteinander abzutasten und zu verstehen versuchen - sich beispielsweise dafür zu interessieren, wie das Gegenüber denkt und fühlt, wenn es nicht um spezifische Themen im Aussen, sondern vor allem in seiner inneren Welt geht.
Stimmt, mir fällt es auch leichter, mich bei spezifischen Themen abzugleichen. Wie tastet man den direkten menschlichen Umgang ohne Themen ab? Gibt es das überhaupt? Es müsste tatsächlich das "ich" der Gesprächspartner in den Mittelpunkt gestellt werden. Geht es dabei um solche Fragen: Wie fühlst Du dich jetzt, was denkst Du? Was denkst Du über mich? Ich denke Folgendes über Dich ... stimmt das und akzeptierst Du, so wahrgenommen zu werden?
Agape hat geschrieben:Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
Diese Scheu gibt es sicherlich. Mir scheint, im Allgemeinen halten viele absichtlich Distanz außerhalb des engeren Familien- und Freundeskreises. Um dem anderen nicht zu nahe zu treten, ja, aber auch der Zeitökonomie wegen (Zeit ist oft ein begrenzender Faktor) und weil man auf der Sachebene bleiben möchte, um Sachthemen zu bearbeiten. Ob das auf lange Sicht richtig ist kann man natürlich auch hinterfragen - wenn sich im Seelenleben die Probleme auftürmen kann dies auch die gemeinsame Sacharbeit behindern oder verhindern. Wenn andererseits die Begegnung Konflikte erzeugt oder offenlegt wünscht man sich, man hätte Distanz gehalten und wäre auf der Sachebene geblieben, solange es halt geht ...
Wenn man es nicht gewohnt ist braucht es wohl einiger willentlicher Bemühungen und Ermunterungen, um sich auf ein echtes Kennenlernen einzulassen gegenüber kürzlich noch unbekannten Menschen.
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Mich springt hier ersteinmal wieder diese vermutliche Gleichsetzung von "persönlich kennen" und "sich körperlich schon begegnet sein" an. Was ist denn "die Person"? Der Körper eines Menschen? :)
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Marsianer hat geschrieben:Mich springt hier ersteinmal wieder diese vermutliche Gleichsetzung von "persönlich kennen" und "sich körperlich schon begegnet sein" an. Was ist denn "die Person"? Der Körper eines Menschen? :)
Es ist eben Sprachgebrauch, dass man "persönlich begegnen" sagt, wenn man "körperliche Gegenwart" meint. Das kann ich auch nicht ergründen, ich habe unsere Sprache nicht erschaffen und muss sie halt verwenden, wenn ich verstanden werden will ... Aber Du hast Recht, eigentlich ist es falsch Person und Körper gleichzusetzen und der Sprachgebrauch irreführend, wenn man ihn wörtlich analysiert.
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Fasziniert hat geschrieben:
Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet. Die Antwort lautet ziemlich sicher nein.
Doch. Man kann Menschen wirklich kennen lernen, wenn man mit ihnen schreibt. Zwar kennt man dann nicht alles von derjenigen Person, weil manche Dinge, wie derjenige oder diejenige in bestimmten Situationen bei körperlichen Treffen sich verhält oder sich in manch situationen verhält, das kann man nach und nach "ertasten".
Beispiel:
Person A und Person C vereinbaren sich zu einem körperlichen Treffen, um zb ein lagerfeuer fürs Grillen zu entfachen (es kommen dann noch mehr Personen zum Grillfest. Person A und Person C machen quasi die Vorarbeit, also wäre dies wichtig, dass mit dem Lagerfeuer entfachen gut funktioniert). Person A hat dies schon einige male gemacht und kennt sich damit aus. Person C kennt es nur vom zusehen bei anderen Menschen und hat eigens noch null Erfahrung darin gemacht.
Person C weiß nicht, was sie machen soll und steht nur da oder versucht vergeblich, irgendwie Holz zu suchen und irgendwie Holz aufzustabeln, für das Lagerfeuer. Person A sieht dies und befürchtet dass es eventuell Person C frustieren könnte, dass es ihr nicht gelingt und zb alles dann hinschmeißen könnte und Person A dann entweder alles alleine machen müsste oder dass die Vorarbeit fürs Entfachen für ein großes Lagerfeuer dann ausfällt und man wartet, bis alle Personen eintreffen, weil Person C es nicht hinbekommt und bevor Person C dies wohlmöglich machen könnte, greift Person A ein und gibt quasi Person C Anweisungen, wie es gemacht wird oder hilft selbst mit und "lehrt" Person C.
Bei diesem Beispiel, da sind körperliche situationen wohl gut, wenn eine wichtige Sache erledigt werden müsste, dass man dann lernt, wie der Eine in so manchen Situationen sich dann verhält. Aber die Situationen hängen dann auch davon ab, in welcher Stimmung die jeweiligen Person sich befinden.
Was hättet ihr getan?
Fasziniert hat geschrieben:Es gibt ja immer wieder Extremsituationen, wo ein scheinbar vertrauter Mensch plötzlich Dinge tut, welche den Gegenüber überraschen oder sogar schockieren - ganz hartes Beispiel: bei Mördern sind meistens alle total überrascht (... aber er hat doch immer so nett gegrüßt ...). Aber auch positiv: plötzlich erfährt man in einer Notsituation von jemandem Unterstützung, den man nur als nüchtern-funktional kannte. Also scheinen hören, sehen, Name usw. nicht entscheidend für das Kennenlernen der Persönlichkeit zu sein.
Ja. Aber wenn man schriftlich miteinander kommuniziert, dann können diese Personen sich vorher schon schriftlich darüber austauschen. ZB, der Eine erwähnt gegenüber dem Anderen, dass der Eine in seiner Vergangenheit sich zb geprügelt hatte mit Kindern oder aggressiv werden würde in manchen sitautionen. Zumindest ist dies dann schon mal schriftlich angesprochen und man kann dann versuchen, solche Situationen, die den einen aggressiv machen zu vermeiden.
Es wäre wohl nicht verwunderlich, wenn der Andere (ohne Vorwissen, wie und warum der Eine aggressiv wird) bei einem körperlichen Treffen mit dem Einen dann eventuell schockiert wäre, wenn der Eine plötzlich agressiv würde bei bestimmten Situationen und der Andere zuvor nicht weiß, was der Auslöser war. Es kommt dem Anderen dann "plötzlich" vor, ohne Vorwissen.
Fasziniert hat geschrieben:Ob das Kennenlernen schriftlich besser geht ist eine gute Frage. Ihr seht es wahrscheinlich so, weil ihr diesen Ansatz seit langem verfolgt. Ich kann mir vorstellen, dass es schriftlich leichter fällt, von den Äußerlichkeiten zu abstrahieren, zumal wenn man sich noch gar nicht persönlich kennt. Ob die Konversationspartner dann allerdings auch bereit sind, sich in dieser zunächst abstrakten Kommunikation in ihrem wahren Wesen zu zeigen, das hängt wohl von den Persönlichkeiten und von der gemeinsamen Konversationskultur ab.
Mir fällt es wohl leichter, mich schriftlich auszudrücken, als mündlich. So würde ich es jetzt mal sehen. Und ich habe zumindest eine menschliche Person, die ich noch nie körperlich getroffen habe und sie trotzdem anhand schriftkommunikation kenne und sie zu meinen Freunden gehört.
Fasziniert hat geschrieben:Es ist eben Sprachgebrauch, dass man "persönlich begegnen" sagt, wenn man "körperliche Gegenwart" meint.
Ja, irgendwie schon. Wenn man mit Menschen zu tun hat, von denen man weiß, dass mit einem "kennen lernen" nicht das Körperliche gemeint ist, sondern das Schriftliche, dann weiß man es und ordnet dies denjenigen Person zu. Wenn aber eine "neue Person" auftaucht und die zu einem sagt "ich will dich kennen lernen", dann muss ich davon ausgehen, dass sie das "Körperliche Treffen" meint. Man weiß es eben vorher nicht, wenn eine "neue Person" dazukommt, wie sie "kennenlernen" definiert.
Manche Menschen scheinen ja "schriftliches kennenlernen" oder "Schriftliche Kommunikation" ja nicht als "echte Kommunikation" zu verstehen. Sie meinen dann wohl, man müsste dann eine Art umfangreichen schriftlichen "Lebenslauf" abgeben, wo fast alles von einem drinnen steht. So eine Art "Lebenslaufgeschichte".
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Worum geht es dem Jakobgut, wenn es dem gegenseitigen Kennenlernen eine so hohe Priorität einräumt? Weshalb findet dieses Kennenlernen seinen Ausdruck in schriftlicher Form? Kann man jemanden überhaupt "richtig" kennenlernen, den man weder sieht noch hört und dessen Name, Alter und gesellschaftlicher Status eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheinen?
Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet.
Was würde "wirklich" kennenlernen Deiner Ansicht nach heissen? Was verstehst Du unter "in deren Gegenwart"?
Fasziniert hat geschrieben:Also scheinen hören, sehen, Name usw. nicht entscheidend für das Kennenlernen der Persönlichkeit zu sein.
Wie definierst Du "Persönlichkeit" - was zählst Du nicht dazu?
Fasziniert hat geschrieben:Ob das Kennenlernen schriftlich besser geht ist eine gute Frage.
Und wenn es gar nicht um "besser" oder "schlechter" ginge, sondern eher darum, weshalb die Schriftlichkeit einem bestimmten Menschen "näher" stehen würde? Was könnte diesen Menschen eventuell dazu führen, in einem mündlichen Gespräch während einer körperlichen Begegnung (oder allenfalls sogar während eines Telefongespräches) eher Ferne zum Gegenüber zu empfinden?
Fasziniert hat geschrieben:Ich kann mir vorstellen, dass es schriftlich leichter fällt, von den Äußerlichkeiten zu abstrahieren, zumal wenn man sich noch gar nicht persönlich kennt.
"Persönlich" kennen würde offenbar für Dich bedeuten, einen Menschen auch "körperlich" zu kennen? Welchen Stellenwert gibst Du einer "persönlichen" Begegnung? Wäre diese für Dich notwendig, um einen Menschen in seiner Tiefe erfassen zu können? Oder magst Du dieser Tiefe gar nicht unbedingt begegnen?
Fasziniert hat geschrieben:Ob die Konversationspartner dann allerdings auch bereit sind, sich in dieser zunächst abstrakten Kommunikation in ihrem wahren Wesen zu zeigen, das hängt wohl von den Persönlichkeiten und von der gemeinsamen Konversationskultur ab.
Wie schätzest Du diesbezüglich die geistige Ausrichtung im Jakobgut ein - soweit es sich Dir bisher darstellt?
Fasziniert hat geschrieben:Wie tastet man den direkten menschlichen Umgang ohne Themen ab? Gibt es das überhaupt?
Vielleicht, indem man diesen menschlichen Umgang direkt zum Thema machen würde - ohne den Umweg über ein sachliches Thema?
Fasziniert hat geschrieben:Es müsste tatsächlich das "ich" der Gesprächspartner in den Mittelpunkt gestellt werden.
Oder vielleicht eher die Frage, ob es einem gelingt, durch gezieltes Nachfragen und das Wirken lassen von Worten "jenseits der Worte", den anderen so weit zu verstehen, bis dieser sich auch weitgehend verstanden fühlt? Sich nicht vorzeitig darauf zu versteifen, den anderen bereits verstanden zu haben, nur weil es bequemer ist und man sich deshalb damit zufriedengibt - dadurch jedoch den Dialog innerlich "kündigt".
Kannst Du das ein Stück weit nachvollziehen?
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
aber auch der Zeitökonomie wegen (Zeit ist oft ein begrenzender Faktor) und weil man auf der Sachebene bleiben möchte, um Sachthemen zu bearbeiten.
Wenn jemand ein solches Verhalten an den Tag legt und seine Prioritäten dementsprechend setzt, dann wäre meiner Ansicht nach nichts dagegen einzuwenden. Nur ist es mir dann eher unverständlich, dass sich so jemand andererseits vielleicht nach mehr Tiefgang sehnt und sich wundert, dass dieser sich so gar nicht einstellen mag.
Siehst Du darin vielleicht ebenfalls eine ambivalente - nicht so sehr nach Wahrheit strebende Haltung? Wie könnte diesem Umstand abgeholfen werden? Kann diesem Umstand überhaupt abgeholfen werden? Geht dies, ohne Enttäuschung und/oder Frustration zu erzeugen?
Fasziniert hat geschrieben:Wenn andererseits die Begegnung Konflikte erzeugt oder offenlegt wünscht man sich, man hätte Distanz gehalten und wäre auf der Sachebene geblieben, solange es halt geht ...
Weshalb nur?
Fasziniert hat geschrieben:Wenn man es nicht gewohnt ist braucht es wohl einiger willentlicher Bemühungen und Ermunterungen, um sich auf ein echtes Kennenlernen einzulassen gegenüber kürzlich noch unbekannten Menschen.
Hm. Kann "echtes Kennenlernen" wirklich aufgrund von menschlichen Bemühungen stattfinden? Steht dies nicht im Widerspruch zueinander?
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Agape hat geschrieben:Fasziniert hat geschrieben:Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet.
Was würde "wirklich" kennenlernen Deiner Ansicht nach heissen? Was verstehst Du unter "in deren Gegenwart"?
"Wirklich" kennenlernen: die Gefühle und Werte der Person, wie sie tatsächlich denkt, was ihr wichtig ist. Gegenwart: körperliche Nähe (z.B. gleicher Raum). Objektiv dürfte diese angesichts moderner Telekommunikationsmittel kaum erforderlich sein (nur falls einem Gerüche und Berührungen wichtig sind).
Agape hat geschrieben:Fasziniert hat geschrieben:Also scheinen hören, sehen, Name usw. nicht entscheidend für das Kennenlernen der Persönlichkeit zu sein.
Wie definierst Du "Persönlichkeit" - was zählst Du nicht dazu?
Persönlichkeit: Gefühle, Werte, wie die Person denkt, was ihr wichtig ist, was sie von anderen erwartet, was sie braucht, was sie aus freiem Herzen geben kann und will. Nicht dazu zählt: gekünsteltes Verhalten, sei es aus Scheu oder um andere zu manipulieren. Nur aufgeprägtes Verhalten, auch wenn man das oft nicht vom originären Wollen unterscheiden kann (frühe oder sehr intensive Prägung).
Agape hat geschrieben:Fasziniert hat geschrieben:Ob das Kennenlernen schriftlich besser geht ist eine gute Frage.
Und wenn es gar nicht um "besser" oder "schlechter" ginge, sondern eher darum, weshalb die Schriftlichkeit einem bestimmten Menschen "näher" stehen würde? Was könnte diesen Menschen eventuell dazu führen, in einem mündlichen Gespräch während einer körperlichen Begegnung (oder allenfalls sogar während eines Telefongespräches) eher Ferne zum Gegenüber zu empfinden?
Ja, es dürfte davon abhängen was dem jeweiligen Menschen näher steht. Wenn jemand gar nicht schreiben kann gelingt ihm das Kennenlernen übers Schreiben vermutlich nicht so gut ... Meine eigene Erfahrung ist, dass mündliche Gespräche oft eine Stresssituation sind. Erstmal muss man sich überhaupt synchronisieren, um derart reden zu können. Dann muss man in der Situation schnell reagieren, Aussagen sind manchmal akustisch schwer zu verstehen oder man war einen Moment unkonzentriert, hat etwas verpasst und es gibt keine Gelegenheit, oder Scheu, nachzufragen. Schriftliches ist da klarer und man kann bei Bedarf auch nach längerer Zeit nachlesen. Was natürlich auch ein Risiko mit sich bringt, man muss Vertrauen haben, dass das Geschriebene nicht später gegen einen verwendet wird.
Agape hat geschrieben:Fasziniert hat geschrieben:Ich kann mir vorstellen, dass es schriftlich leichter fällt, von den Äußerlichkeiten zu abstrahieren, zumal wenn man sich noch gar nicht persönlich kennt.
"Persönlich" kennen würde offenbar für Dich bedeuten, einen Menschen auch "körperlich" zu kennen? Welchen Stellenwert gibst Du einer "persönlichen" Begegnung? Wäre diese für Dich notwendig, um einen Menschen in seiner Tiefe erfassen zu können? Oder magst Du dieser Tiefe gar nicht unbedingt begegnen?
Ich folge beim "persönlich kennen" nur dem allgemeinen Sprachgebrauch und da impliziert es nach meinem Verständnis "körperlich kennen". Tatsächlich denke ich, dass dies nicht notwendig ist, um einen Menschen in seiner Tiefe erfassen zu können, und sogar stark hinderlich sein kann. Je nach Situation. Mit Menschen, die schriftlich sehr gewandt und allgemein reflektiert sind geht schriftlich vieles leichter und klarer, auch das Kennenlernen. Dazu zähle ich auch mich. Andererseits, Menschen, die schriftlich unbeholfen, aber mündlich und gestisch herzlich sind, die kann man dann eben in der körperlichen Gegenwart besser und angenehmer kennenlernen. Das betrifft nicht wenige Menschen.
Fasziniert hat geschrieben:Ob die Konversationspartner dann allerdings auch bereit sind, sich in dieser zunächst abstrakten Kommunikation in ihrem wahren Wesen zu zeigen, das hängt wohl von den Persönlichkeiten und von der gemeinsamen Konversationskultur ab.
Wie schätzest Du diesbezüglich die geistige Ausrichtung im Jakobgut ein - soweit es sich Dir bisher darstellt?
Der Anspruch im Jakobgut ist offenbar, diese Bereitschaft zu zeigen. Ob das dann wirklich gelingt, bzw. ob die Bereitschaft tatsächlich da ist, weiß ich noch nicht. Ich vermute und hoffe es, sonst würde ich nicht an der Konversation teilnehmen. Bislang habt ihr aber über das auf der Homepage allgemein dargestellte wenig aus Eurem Inneren erkennen lassen. Was ich verstehe und akzeptiere, aber dadurch kann ich eben ehrlich gesagt noch nicht sicher einschätzen, wie wahrhaftig die geistige Ausrichtung in dieser Hinsicht ist.
Fasziniert hat geschrieben:Wie tastet man den direkten menschlichen Umgang ohne Themen ab? Gibt es das überhaupt?
Vielleicht, indem man diesen menschlichen Umgang direkt zum Thema machen würde - ohne den Umweg über ein sachliches Thema?
Das ist einen Versuch wert!
Fasziniert hat geschrieben:Es müsste tatsächlich das "ich" der Gesprächspartner in den Mittelpunkt gestellt werden.
Oder vielleicht eher die Frage, ob es einem gelingt, durch gezieltes Nachfragen und das Wirken lassen von Worten "jenseits der Worte", den anderen so weit zu verstehen, bis dieser sich auch weitgehend verstanden fühlt? Sich nicht vorzeitig darauf zu versteifen, den anderen bereits verstanden zu haben, nur weil es bequemer ist und man sich deshalb damit zufriedengibt - dadurch jedoch den Dialog innerlich "kündigt".
Kannst Du das ein Stück weit nachvollziehen?
Das sind schöne Worte, aber auch recht abstrakt. Wenn ich es recht verstehe geht es um eine gütige Geduld und Beharrlichkeit in der Kommunikation, aktiv (nachfragen) und passiv (wirken lassen)?
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
aber auch der Zeitökonomie wegen (Zeit ist oft ein begrenzender Faktor) und weil man auf der Sachebene bleiben möchte, um Sachthemen zu bearbeiten.
Wenn jemand ein solches Verhalten an den Tag legt und seine Prioritäten dementsprechend setzt, dann wäre meiner Ansicht nach nichts dagegen einzuwenden. Nur ist es mir dann eher unverständlich, dass sich so jemand andererseits vielleicht nach mehr Tiefgang sehnt und sich wundert, dass dieser sich so gar nicht einstellen mag.
touchée ... Allerdings ist der Zeitmangel nicht selbst gewählt. In letzter Konsequenz vielleicht schon, durch Entscheidungen in ferner Vergangenheit, es gibt ja Fortsetzungszusammenhänge die sehr lange und drastisch wirken. Die Ambition ist, mehr Zeit zu gewinnen. Dann ließe sich vielleicht auch dieses Verhalten verbessern.
Siehst Du darin vielleicht ebenfalls eine ambivalente - nicht so sehr nach Wahrheit strebende Haltung? Wie könnte diesem Umstand abgeholfen werden? Kann diesem Umstand überhaupt abgeholfen werden? Geht dies, ohne Enttäuschung und/oder Frustration zu erzeugen?
Ein Stück weit kann dem durch das Freimachen von Zeit abgeholfen werden. Ich vermute aber, das Himmelreich auf Erden wird sich nicht ganz erreichen lassen und es wird auch künftig nötig sein, einen Kompromiss zwischen dem Streben nach Wahrheit und Zeitökonomie zu schließen. Weil wir schließlich Essen, Wohnen usw. müssen(?) und insofern manche Kommunikation vermutlich knapper halten müssen als sie idealerweise wäre. Schließlich ist beim Wahrheitsstreben auch zu fragen: Was ist in letzter Konsequenz Wahrheit? Ist es uns möglicherweise verwehrt, absolut gewisse Wahrheiten zu erlangen? Ist es eventuell nötig, einen Ausgleich zu finden, um ein stimmiges Gesamtbild der Menschen und der Dinge zu erlangen, mit dem sich das gemeinsame Leben gut gestalten können? Schon das ist nicht leicht. Wenn ich z.B. die Wahrheit über eine Person genauestens ergründen möchte, werde ich alleine damit vermutlich im Leben nicht fertig, weil Personen unglaublich komplex und wandelbar sind. Wie siehst Du den Stellenwert des "nach Wahrheit Strebens" - absolut oder als Idealziel, welches man zwar im Rahmen der Möglichkeiten anstrebt, aber nicht erreichen wird?
Fasziniert hat geschrieben:Wenn andererseits die Begegnung Konflikte erzeugt oder offenlegt wünscht man sich, man hätte Distanz gehalten und wäre auf der Sachebene geblieben, solange es halt geht ...
Weshalb nur?
Wie meinst Du das? Begrüßt Du Konflikte, Hauptsache man war ehrlich? Ich ehrlich gesagt nicht, das lehne ich zumindest für schwerwiegende Konflikte strikt ab. Wenn es ein vergleichsweise harmloser Konflikt ist - man merkt halt dass man anderer Meinung ist und arrangiert sich damit, notfalls durch aus-dem-Weg-gehen - klar, dann passt es. Aber ein harter Konflikt, wo schwere Verletzungen entstehen (körperlich, seelisch): nein, da dann lieber an der Oberfläche bleiben wenn das ernsthaft zu befürchten ist.
Fasziniert hat geschrieben:Wenn man es nicht gewohnt ist braucht es wohl einiger willentlicher Bemühungen und Ermunterungen, um sich auf ein echtes Kennenlernen einzulassen gegenüber kürzlich noch unbekannten Menschen.
Hm. Kann "echtes Kennenlernen" wirklich aufgrund von menschlichen Bemühungen stattfinden? Steht dies nicht im Widerspruch zueinander?
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Wie dann, wenn nicht durch Bemühungen? Warten bis es von alleine oder durch Zufall passiert? Es lässt sich vermutlich nicht erzwingen, schon gar nicht von einer Person ohne die Bereitschaft und Mitwirkung der anderen. Aber einen Widerspruch kann ich bislang noch nicht erkennen - ich bin aber sehr offen für Erklärungen dazu!
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
christ hat geschrieben:Fasziniert hat geschrieben:
Man kann auch umgekehrt fragen, ob man andere Menschen wirklich dadurch kennenlernt, dass man sehr viel Zeit in deren Gegenwart verbringt und gemeinsam Sachthemen bearbeitet. Die Antwort lautet ziemlich sicher nein.
Doch. Man kann Menschen wirklich kennen lernen, wenn man mit ihnen schreibt. Zwar kennt man dann nicht alles von derjenigen Person, weil manche Dinge, wie derjenige oder diejenige in bestimmten Situationen bei körperlichen Treffen sich verhält oder sich in manch situationen verhält, das kann man nach und nach "ertasten".
Dein Beispiel ist sehr gut, aber Du hast mich missverstanden. Ich bestreite nicht, dass man sich schriftlich kennenlernt. Im Gegenteil, ich schrieb dass man sich auch mit sehr viel Zeit in der gemeinsamen Gegenwart nicht unbedingt kennenlernt.
Ja. Aber wenn man schriftlich miteinander kommuniziert, dann können diese Personen sich vorher schon schriftlich darüber austauschen. ZB, der Eine erwähnt gegenüber dem Anderen, dass der Eine in seiner Vergangenheit sich zb geprügelt hatte mit Kindern oder aggressiv werden würde in manchen sitautionen. Zumindest ist dies dann schon mal schriftlich angesprochen und man kann dann versuchen, solche Situationen, die den einen aggressiv machen zu vermeiden.
Es wäre wohl nicht verwunderlich, wenn der Andere (ohne Vorwissen, wie und warum der Eine aggressiv wird) bei einem körperlichen Treffen mit dem Einen dann eventuell schockiert wäre, wenn der Eine plötzlich agressiv würde bei bestimmten Situationen und der Andere zuvor nicht weiß, was der Auslöser war. Es kommt dem Anderen dann "plötzlich" vor, ohne Vorwissen.
Dem kann ich nur zustimmen.
Fasziniert hat geschrieben:Mir fällt es wohl leichter, mich schriftlich auszudrücken, als mündlich. So würde ich es jetzt mal sehen. Und ich habe zumindest eine menschliche Person, die ich noch nie körperlich getroffen habe und sie trotzdem anhand schriftkommunikation kenne und sie zu meinen Freunden gehört.
Das ist mir auch schon geschehen. Ich habe die Person später mal körperlich getroffen und es hat genau nichts verändert.
Ja, irgendwie schon. Wenn man mit Menschen zu tun hat, von denen man weiß, dass mit einem "kennen lernen" nicht das Körperliche gemeint ist, sondern das Schriftliche, dann weiß man es und ordnet dies denjenigen Person zu. Wenn aber eine "neue Person" auftaucht und die zu einem sagt "ich will dich kennen lernen", dann muss ich davon ausgehen, dass sie das "Körperliche Treffen" meint. Man weiß es eben vorher nicht, wenn eine "neue Person" dazukommt, wie sie "kennenlernen" definiert.
Manche Menschen scheinen ja "schriftliches kennenlernen" oder "Schriftliche Kommunikation" ja nicht als "echte Kommunikation" zu verstehen. Sie meinen dann wohl, man müsste dann eine Art umfangreichen schriftlichen "Lebenslauf" abgeben, wo fast alles von einem drinnen steht. So eine Art "Lebenslaufgeschichte".
Stimmt, das gemeinsame Verständnis ist enorm wichtig. Es ist sicher nicht immer leicht, wenn man den Stellenwert schriftlicher Kommunikation verinnnerlicht hat, mit der anderen Erwartung vieler Außenstehender umzugehen.
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Fasziniert hat geschrieben:Aber Du hast Recht, eigentlich ist es falsch Person und Körper gleichzusetzen und der Sprachgebrauch irreführend, wenn man ihn wörtlich analysiert.
In meinem Fall ist es vielleicht sogar sinnvoll anzunehmen, daß ich bewußt recht genau formuliere und über eventuell im Sprachverbrauch verbreitete Unschärfen oder oft auch eher unbewußte Wertungen, die das Denken vieler wieder mitprägen, hinwegsehe.
Persönlichkeit: Gefühle, Werte, wie die Person denkt, was ihr wichtig ist, was sie von anderen erwartet, was sie braucht, was sie aus freiem Herzen geben kann und will. Nicht dazu zählt: gekünsteltes Verhalten, sei es aus Scheu oder um andere zu manipulieren. Nur aufgeprägtes Verhalten, auch wenn man das oft nicht vom originären Wollen unterscheiden kann (frühe oder sehr intensive Prägung).
Ein recht idealisiertes Konzept von "Persönlichkeit", würde ich sagen. Für mich würden wohl auch die aufgeführten "Schattenseiten" dazuzählen, denn derjenige verhält sich ja so. Und gerade die näher kennenzulernen ist aus meiner Sicht wohl auch bedeutend. Beim Zusammenleben wird man mit denen ja konfrontiert.
Der Anspruch im Jakobgut ist offenbar, diese Bereitschaft zu zeigen. Ob das dann wirklich gelingt, bzw. ob die Bereitschaft tatsächlich da ist, weiß ich noch nicht. Ich vermute und hoffe es, sonst würde ich nicht an der Konversation teilnehmen. Bislang habt ihr aber über das auf der Homepage allgemein dargestellte wenig aus Eurem Inneren erkennen lassen. Was ich verstehe und akzeptiere, aber dadurch kann ich eben ehrlich gesagt noch nicht sicher einschätzen, wie wahrhaftig die geistige Ausrichtung in dieser Hinsicht ist.
Was würdest du dir da wünschen z.B. von mir her?
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Persönlichkeit: Gefühle, Werte, wie die Person denkt, was ihr wichtig ist, was sie von anderen erwartet, was sie braucht, was sie aus freiem Herzen geben kann und will. Nicht dazu zählt: gekünsteltes Verhalten, sei es aus Scheu oder um andere zu manipulieren. Nur aufgeprägtes Verhalten, auch wenn man das oft nicht vom originären Wollen unterscheiden kann (frühe oder sehr intensive Prägung).
Ein recht idealisiertes Konzept von "Persönlichkeit", würde ich sagen. Für mich würden wohl auch die aufgeführten "Schattenseiten" dazuzählen, denn derjenige verhält sich ja so. Und gerade die näher kennenzulernen ist aus meiner Sicht wohl auch bedeutend. Beim Zusammenleben wird man mit denen ja konfrontiert.
Ja, natürlich Du hast total recht dass man die Schattenseiten kennenlernen und berücksichtigen sollte. Aber jetzt bin ich total am Schlingern, wenn von mir erwartet wird, "Persönlichkeit" im Gegensatz zu dem, was man äußerlich ohne Weiteres beobachten kann, zu definieren. Was man denkt muss ja z.B. nicht unbedingt positiv sein, da gibt es hinreichend Schattenseiten. Aber soll ich nun Prägung zur Persönlichkeit zählen oder nicht bzw. wie würdet ihr das sehen? Also vielleicht könnt ihr einfach mal Euer Verständnis von "Persönlichkeit" definieren, nachdem ich mein Verständnis preisgegeben habe. Und dann schaue ich, ob ich mit Eurem Verständnis mitgehen kann.
Der Anspruch im Jakobgut ist offenbar, diese Bereitschaft zu zeigen. Ob das dann wirklich gelingt, bzw. ob die Bereitschaft tatsächlich da ist, weiß ich noch nicht. Ich vermute und hoffe es, sonst würde ich nicht an der Konversation teilnehmen. Bislang habt ihr aber über das auf der Homepage allgemein dargestellte wenig aus Eurem Inneren erkennen lassen. Was ich verstehe und akzeptiere, aber dadurch kann ich eben ehrlich gesagt noch nicht sicher einschätzen, wie wahrhaftig die geistige Ausrichtung in dieser Hinsicht ist.
Was würdest du dir da wünschen z.B. von mir her?
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Mir fallen viele Fragen ein und ich zähle mal ein paar auf. Hoffentlich bin ich nicht zu direkt, sonst übergehe die bitte einfach. Was lässt Dich zufrieden zu Bett gehen und was lässt Dich grummeln? Welches Verhalten findest Du an anderen inakzeptabel und welches an Dir selbst? Hast Du es auch einmal bedauert, wenn jemand das Jakobgut verlassen hat und welche Folgerungen würdest Du daraus ziehen? Wie sieht Dein idealer Tagesablauf aus, auf welche Tätigkeiten bzw. Untätigkeiten würdest Du jeweils wie viel Zeit verwenden? Und wie ist Dein Tagesablauf tatsächlich? Wie kommt es, dass Du Deinen Mitmenschen in der schriftlichen Kommunikation so viel Aufmerksamkeit schenkst und musst Du dafür an anderer Stelle Opfer bringen? Bedauerst Du diese Opfer?
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Fasziniert hat geschrieben:Aber jetzt bin ich total am Schlingern, wenn von mir erwartet wird, "Persönlichkeit" im Gegensatz zu dem, was man äußerlich ohne Weiteres beobachten kann, zu definieren.
:)
Was man denkt muss ja z.B. nicht unbedingt positiv sein, da gibt es hinreichend Schattenseiten.
Auch wieder eines der Dauerfragen: Was soll denn eigentlich "positiv" bedeuten?
Aber soll ich nun Prägung zur Persönlichkeit zählen oder nicht bzw. wie würdet ihr das sehen?
Du versuchst hier vermuteten Erwartungen von unserer Seite her zu entsprechen? Eigentlich ging es ja um den von dir hier eingebrachten Begriff "persönlich kennenlernen" und davon abgeleitet, was "Person" denn eigentlich sei. Du hast schon manches dazu geschrieben, an dem Punkt hakte ich jetzt ersteinmal ein. :)
Also vielleicht könnt ihr einfach mal Euer Verständnis von "Persönlichkeit" definieren, nachdem ich mein Verständnis preisgegeben habe.
Das wäre dann ein Begriff von Person, der Prägung nicht umfasst? Du führst "Schattenseiten" generell auf Prägung zurück? Ich würde unter "Person" mehr oder weniger das verstehen, was ein Mensch eben in seinem aktuellen Zustand tut, wie er agiert, sich verhält.
Was lässt Dich zufrieden zu Bett gehen und was lässt Dich grummeln?
Das mit dem Bett wäre eher metaphorisch gemeint? Stellvertretend für etwas, das mich z.B. davon abhält entspannt zu sein?
Welches Verhalten findest Du an anderen inakzeptabel und welches an Dir selbst?
Diese Frage wirkt auf mich sehr allgemein, tendenziell nahe einer Frage wie: "Erzähl mal alles, was du weißt." Ich finde es schwierig, auf soetwas einzugehen.
Hast Du es auch einmal bedauert, wenn jemand das Jakobgut verlassen hat
Meistens, teils verbunden mit gleichzeitiger Erleichterung in mancher Hinsicht.
und welche Folgerungen würdest Du daraus ziehen?
Aus einem Erlebnis des Bedauerns, wenn jemand wegzog? Hm, keine? Wirkt das jetzt seltsam? ;)
Wie sieht Dein idealer Tagesablauf aus, auf welche Tätigkeiten bzw. Untätigkeiten würdest Du jeweils wie viel Zeit verwenden?
Soetwas wird oft gefragt, aber ich bin wohl mehr innerlich. Was äußerlich (körperlich?) getan wird, ist für mich wohl nicht so relevant. Auch Innerliches könnte man als Tun betrachten, dabei wäre aber die Frage, wie man das verbalisieren sollte. Da bedarf es wohl oft ersteinmal einer begrifflichen Annäherung für etliche innere Dinge (unabhängig von spirituellen, religiösen Lehren).
Und wie ist Dein Tagesablauf tatsächlich?
Hm, ein Vergleich also. Er macht sich vor allem fest am Begriff "ideal"? Es wird also danach gefragt, wie ich gerne einen Tag gestalte? Ich glaube, so funktioniert das bei mir überhaupt nicht.
Wie kommt es, dass Du Deinen Mitmenschen in der schriftlichen Kommunikation so viel Aufmerksamkeit schenkst
Ich mag es? Für dich ist es schon auch ein "Zeitaufwand"?
und musst Du dafür an anderer Stelle Opfer bringen? Bedauerst Du diese Opfer?
Würde nicht sagen, daß ich da "Opfer" bringe. Es ist für mich eher eine Chance.
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Re: Einander "kennenlernen" - was könnte damit gemeint sein?
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Was würde "wirklich" kennenlernen Deiner Ansicht nach heissen? Was verstehst Du unter "in deren Gegenwart"?
"Wirklich" kennenlernen: die Gefühle und Werte der Person, wie sie tatsächlich denkt, was ihr wichtig ist.
Was geht in Dir vor, wenn Du erkennst, dass dies alles erheblich von dem abweicht, was Du erwartet hast? Oder erwartest Du nichts und bist einfach offen für das, was die Person von sich offenbart?
Fasziniert hat geschrieben:Gegenwart: körperliche Nähe (z.B. gleicher Raum). Objektiv dürfte diese angesichts moderner Telekommunikationsmittel kaum erforderlich sein (nur falls einem Gerüche und Berührungen wichtig sind).
Hast Du selbst diesbezüglich klare Präferenzen?
Fasziniert hat geschrieben:Was natürlich auch ein Risiko mit sich bringt, man muss Vertrauen haben, dass das Geschriebene nicht später gegen einen verwendet wird.
Zum Beispiel, um Dir bewusst zu schaden?
Fasziniert hat geschrieben:Bislang habt ihr aber über das auf der Homepage allgemein dargestellte wenig aus Eurem Inneren erkennen lassen. Was ich verstehe und akzeptiere, aber dadurch kann ich eben ehrlich gesagt noch nicht sicher einschätzen, wie wahrhaftig die geistige Ausrichtung in dieser Hinsicht ist.
An dieser Stelle wäre vielleicht angebracht darauf hinzuweisen, dass es in diesem Forum auch die Möglichkeit gäbe, sich über eher persönliche Themen, welche die Öffentlichkeit nicht zu interessieren braucht, in einem geschützten Unterforum auszutauschen. Dort könnten vielleicht solche Fragen unbeschwerter gestellt und beantwortet werden - was meinst Du dazu?
Fasziniert hat geschrieben:Wenn ich es recht verstehe geht es um eine gütige Geduld und Beharrlichkeit in der Kommunikation, aktiv (nachfragen) und passiv (wirken lassen)?
Ja, wobei die "gütige Geduld" meiner Ansicht nach weniger daraus hervorginge, gütig und geduldig sein zu wollen, sondern eher aus einem inneren Antrieb, der auf gegenseitiges "sich verstanden fühlen" ausgerichtet ist. Güte und Geduld wären dann individuell vielleicht begleitend vorhanden, es könnten sich dabei aber auch andere Verhaltensweisen zeigen.
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Siehst Du darin vielleicht ebenfalls eine ambivalente - nicht so sehr nach Wahrheit strebende Haltung? Wie könnte diesem Umstand abgeholfen werden? Kann diesem Umstand überhaupt abgeholfen werden? Geht dies, ohne Enttäuschung und/oder Frustration zu erzeugen?
Ein Stück weit kann dem durch das Freimachen von Zeit abgeholfen werden. Ich vermute aber, das Himmelreich auf Erden wird sich nicht ganz erreichen lassen und es wird auch künftig nötig sein, einen Kompromiss zwischen dem Streben nach Wahrheit und Zeitökonomie zu schließen. Weil wir schließlich Essen, Wohnen usw. müssen(?) und insofern manche Kommunikation vermutlich knapper halten müssen als sie idealerweise wäre.
Meine bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse mittels Kontakten zu anderen Menschen sowie Innenschau haben mich diesbezüglich immer wieder dazu geführt, dass letztendlich zählt, wonach ein Herz "liebend" begehrt. Dorthin zieht es den Menschen am stärksten und es fällt ihm dann mehr oder weniger leicht, sich zu entscheiden, was er wirklich will. Solange jedoch noch das Bestreben vorhanden ist, "mehreren Herren zu dienen", besteht ein innerer Zwiespalt und ein Hin- und Hergerissen sein zwischen verschiedenen Richtungen.
Fasziniert hat geschrieben:Schließlich ist beim Wahrheitsstreben auch zu fragen: Was ist in letzter Konsequenz Wahrheit? Ist es uns möglicherweise verwehrt, absolut gewisse Wahrheiten zu erlangen?
Wer sollte uns so etwas verwehren, wenn nicht wir selbst?
Fasziniert hat geschrieben:Wie siehst Du den Stellenwert des "nach Wahrheit Strebens" - absolut oder als Idealziel, welches man zwar im Rahmen der Möglichkeiten anstrebt, aber nicht erreichen wird?
Was ich hier schreibe, ist sehr persönlich und erhebt nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit: Für mich ist Gott die absolute Wahrheit, von dorther komme ich und dorthin will ich wieder zurückkehren. Wie und wann sind Fragen, die ich mir nicht stelle, denn ich bin mir gewiss, dass es dann sein wird, wenn es "gut" ist.
Fasziniert hat geschrieben:Wie meinst Du das? Begrüßt Du Konflikte, Hauptsache man war ehrlich? Ich ehrlich gesagt nicht, das lehne ich zumindest für schwerwiegende Konflikte strikt ab.
Hat Deiner Meinung nach ein Konflikt, der Dir in Deinem Leben begegnet, seinen Ursprung im Aussen?
Fasziniert hat geschrieben:Aber ein harter Konflikt, wo schwere Verletzungen entstehen (körperlich, seelisch): nein, da dann lieber an der Oberfläche bleiben wenn das ernsthaft zu befürchten ist.
Was wäre zuerst da, die Verletzung oder der Konflikt? Kann ein Konflikt überhaupt entstehen, ohne dass vorher bereits etwas verletzt war? Kann die Vermeidung eines Konfliktes über die Ursprungsverletzung hinwegtäuschen?
Fasziniert hat geschrieben:Agape hat geschrieben:Kann "echtes Kennenlernen" wirklich aufgrund von menschlichen Bemühungen stattfinden? Steht dies nicht im Widerspruch zueinander?
Wie dann, wenn nicht durch Bemühungen?
Zum Beispiel durch ein wohlwollendes Interesse am Gegenüber?
Fasziniert hat geschrieben:Aber einen Widerspruch kann ich bislang noch nicht erkennen - ich bin aber sehr offen für Erklärungen dazu!
Wohlwollen ist meinem Empfinden nach eine Form von Nächstenliebe. Was hat Liebe mit "Bemühung" zu tun?
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