Agape hat geschrieben:Hat „Zweifel haben“ unbedingt etwas damit zu tun, dass man krampfhaft an irdischen Dingen festhält? Gibt es nicht auch Menschen, die nicht zweifeln, aber dennoch krampfhaft an irdischen Dingen festhalten? Ich denke eher, dass das eine nicht zwingend mit dem anderen zu tun haben muss. Ich meine sogar, tiefgläubige Menschen zu kennen, die es für ziemlich „undifferenziert“ halten, keine Zweifel zu haben - es sind Menschen, die geistig äusserst „wach und umfassend erkennend“ sind. Aber sie sind skeptisch, glauben nicht, ohne zuvor nüchtern und sachlich zu analysieren und darüber zu reflektieren, was da geglaubt wird und was eher nicht.
Louis hat geschrieben:ich rede von dem Zweifel, Gott gegenüber. Zweifel ist der Bruder des Glaubens. Er kann einen überfallartig in Besitz nehmen, egal, ob der eigene Glaube schwach oder stark ist.
Agape hat geschrieben:Was verstehst Du unter einem schwachen und was unter einem starken Glauben? Ist nicht auch die Motivation, welche hinter dem Glauben steht, massgeblich? Sind „Zweifel“ zwingend gleichzusetzen mit „Unglauben“? Mit „Zweifel“ meine ich nicht Zweifel gegenüber Gott - sondern Zweifel an der Art des Glaubens an Gott. Das ist meiner Ansicht nach nicht dasselbe.
Louis hat geschrieben:Natürlich ist auch die Motivation, welche hinter dem Glauben steht, massgeblich. Welche Motivation hat/hatte z.B. Mutter Maria?
Zweifel gegenüber Gott wären schon gleichzusetzen mit „Unglauben“. Zweifelte nicht auch Petrus? Wie nannte Christus ihn?
„Zweifel an der Art des Glaubens an Gott“ setze auch ich nicht gleich mit Zweifel an Gott.
Agape hat geschrieben:Ich spreche von Zweifeln, welche die Art des Glaubens und die Beweggründe dafür betreffen. Weshalb glaube ich? Weil es so in der Bibel steht? Weil Unglauben Sünde ist? Oder glaube ich aus tiefster Herzensliebe zu Gott?
viewtopic.php?f=2&t=102&p=5428&hilit=Zweifel#p5428
Agape hat geschrieben:An und für sich teile ich diese Ansicht, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob „fester Glaube“ allein genügt. Abgesehen davon, dass dies eine Begrifflichkeit ist, die unterschiedlich definiert und verstanden werden kann. Ich habe oben schon erwähnt, dass ich eher davon ausgehe, dass die Motivation, die hinter „festem Glauben“ steht wesentlich sein könnte. Ein Mensch könnte zum Beispiel „fest“ an Gott glauben, weil er dadurch in erster Linie ein Gesetz erfüllen will. Ein anderer Mensch könnte manchmal vielleicht gewisse Zweifel hegen, dennoch in seinem Herzen Gott über alles lieben - das letztere könnte meiner Meinung nach eventuell viel schwerer wiegen.
Louis hat geschrieben:Wie soll man jemanden im Herzen über alles Lieben können und gleichzeitig Zweifel hegen? Geht nicht (meine Meinung).
Agape hat geschrieben:Die Grundsatzfrage hier wäre wohl, „woran“ gezweifelt würde. Was glaubst Du, woran ich zweifeln könnte? Möglicherweise interpretierst Du mein Verständnis von Zweifel ganz anders, als es von mir her gemeint ist?
Louis hat geschrieben:Weiß ich nicht, „woran“ gezweifelt würde? Wußte nicht mal, daß du zweifelst? Gut möglich, daß ich dein Verständnis von Zweifel ganz anders interpretiere wie du selbst? Erklärst du mir dein Verständnis von Zweifel? Zweifel gegenüber Gott? Oder wen Liebst du sonst noch im Herzen über alles und hast dennoch Zweifel?
viewtopic.php?f=2&t=193&p=5433&hilit=Zweifel#p5433
Wenn ich von Zweifel spreche, dann geht es mir um Zweifel an menschlichen absoluten Aussagen. Mit "zweifeln" meine ich im Grunde genommen ein "Relativieren" von geäusserten Worten, die im gegebenen Moment (und auch vielfach darüber hinaus) für einen Menschen grosse Relevanz haben können, wovon dieser zutiefst überzeugt ist. In erster Linie geht es mir dabei natürlich um meine eigenen Aussagen, die aus meinem Menschsein heraus eventuell "an der Wahrheit vorbei" interpretiert worden sein könnten.
Immer wieder mache ich Beobachtungen, dass Menschen sehr viel reden (und schreiben), wobei sie fest überzeugt vom absoluten Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen sind. Diese Beobachtungen, vor allem an mir selbst, haben mich zu einer gewissen Vorsicht geführt, was absolute Aussagen betrifft. Ich zweifle grundsätzlich weder an meinen eigenen noch an den Wahrnehmungen anderer, die geäussert werden. Viel eher geht es mir darum, dass Menschen möglicherweise vieles nicht "wissen" (können) und deshalb "falsch" interpretieren, weil sie oft nicht richtig einzuschätzen in der Lage sind, was denn absolut richtig oder falsch wäre. Wir selbst können gewisse Dinge annehmen, wie sie sein könnten und wie es sich eventuell damit verhält und daraus Folgerungen ableiten, an die wir fest glauben und diese nach aussen auch so vertreten. Ein anderer Mensch tut genau dasselbe - aber was dabei herauskommt, unterscheidet sich nicht selten stark davon, was sein Mitmensch glaubt, interpretiert und daraus ableitet.
Für mich ist diese Tatsache je länger, desto weniger ein Grund, mich darüber aufzuregen, mich auf etwas zu versteifen, mich für andere Meinungen zu verschliessen oder andere aufgrund derer zu verurteilen. Ich sehe aber auch keinen Grund dafür, mich durch Interpretationen anderer verunsichern zu lassen und mein eigenes Verständnis gänzlich zu verwerfen. Vielmehr trachte ich zunehmend danach, meinem Inneren zu vertrauen und darauf aufzubauen, dass ich mich wohl irren kann, dieser Irrtum jedoch nicht mein "Untergang" sein muss, sondern höchstens ein Stolperstein darstellt auf meinem Weg zu Gott, der Wahrheit schlechthin.