Ich habe in letzter Zeit einige wörter gelesen, von denen mir nicht so richtig von der Bedeutung klar ist, was sie bedeuten sollen.
Das internet gibt zwar schon viel an Möglichkeiten, die Bedeutungen herauszufinden. Aber manchmal kann ich mit der beschriebenen Bedeutung nicht wirklich was anfangen.
Beispiel wäre zb "emotionale Gesundheit"?
Es hat wohl irgendwas mit Gefühlen zu tun. Das würde ich mal meinen, wegen "emotional".
Edit: bzw auch deren umsetzung.
Bedeutungen von Wörtern
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Re: Bedeutungen von Wörtern
Es kann entscheidend sein den ganzen Satz zu kennen oder vielleicht noch mehr Kontext. Denn manche Begriffe werden ja für verschiedene Dinge verwendet und erst dann wird erkennbar, wie genau es in diesem Fall gemeint gewesen sein könnte.
"Emotionale Gesundheit" weist soweit aber wohl schon auf eine weltanschauliche Sichtweise hin, die "ungesunde Emotionen" und "gesunde Emotionen" irgendwie definiert, wie auch immer genau, und soetwas wohl für klug hält.
"Emotionale Gesundheit" weist soweit aber wohl schon auf eine weltanschauliche Sichtweise hin, die "ungesunde Emotionen" und "gesunde Emotionen" irgendwie definiert, wie auch immer genau, und soetwas wohl für klug hält.
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Re: Bedeutungen von Wörtern
christ hat geschrieben:Beispiel wäre zb "emotionale Gesundheit"? Es hat wohl irgendwas mit Gefühlen zu tun. Das würde ich mal meinen, wegen "emotional".
Edit: bzw auch deren umsetzung.
Als "losgelösten" Begriff kann ich damit kaum etwas anfangen. Für mich bedeutet Gesundheit (sowohl geistige, seelische, mentale, emotionale als auch körperliche Gesundheit) grundsätzlich etwas, das man nur vorübergehend mittels äusserer "Massnahmen" erreichen kann. Gesundheit heisst für mich "heil sein" und dazu habe ich einen ganz einfachen Satz hier im Forum gefunden, der für mich wesentlich mehr aussagt, als das, was man beispielsweise unter dem Begriff "emotionale Gesundheit" im Internet finden kann:
Marsianer hat geschrieben:Ein gesunder Mensch lebt in der Gemeinschaft Gottes.
viewtopic.php?p=4220#p4220
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Re: Bedeutungen von Wörtern
Dort ging es um das Weltbild von Erich Fromm, zu dem soeine Begriffwahl durchaus passen könnte.
Erich Fromm, Die Pathologie der Normalität, S. 56+57+82 hat geschrieben:e) Das Bezogensein auf die Welt als Ausdruck
psychischer Gesundheit
Jegliche Abstraktion und Entfremdung von der Konkretheit eigener
Erfahrung hat weitreichende Konsequenzen für die psychische Gesundheit.
Dies wird deutlich, wenn wir uns fragen, welches die Quelle der Energie
ist, aus der wir leben. Man kann sagen, dass eine Energiequelle rein
physischer Natur ist. Sie wurzelt in der Chemie unseres Körpers. Von dieser
Energiequelle wissen wir, dass sie etwa ab dem 25. Lebensjahr langsam
wieder abnimmt. Aber es gibt noch eine andere Energie. Diese entspringt
unserem Bezogensein auf die Welt, unserem Interessiertsein. Man kann sie
manchmal wahrnehmen, etwa wenn man mit jemandem, den man liebt,
zusammen ist, oder wenn man etwas ganz Interessantes, Aufregendes liest.
Man wird dann nicht müde. Man spürt eine Energie aufkommen, die nicht
erwartet wurde. Man spürt ein tiefes Gefühl von Freude. Bei
achtzigjährigen Menschen, die ein Leben intensiver Bezogenheit, Liebe,
Betroffenheit, Interessiertheit gelebt haben, kann man die tatsächlich
überraschende und überwältigende Beobachtung machen, dass diese
Menschen ganz frisch und voller Energie sind, ohne dass diese Frische und
Energie etwas mit [XI-249] ihrer Körperchemie und den Quellen zu tun hätte,
die ihnen ihr Körper zur Verfügung stellt.
[...]
Umschreibungen für seelische Gesundheit wie die von Arbeit und
Vergnügen sind in Wirklichkeit sinnlos, es sei denn, man definiert genau,
welche Art von Arbeit und Vergnügen gemeint ist. Deshalb geht es den
meisten dieser generalisierenden Formeln nur darum, die Tatsache zu
verschleiern, dass man eigentlich statt über des Menschen Fähigkeit zu
Arbeit und Vergnügen vom Interesse der Gesellschaft spricht, dass der
Mensch auf eine bestimmte Weise funktioniert. Die gleiche Vorstellung
verbirgt sich in der Formel, dass seelische Gesundheit die Anpassung des
Einzelnen an die Gesellschaft bedeute. Hier ergibt sich das gleiche
Problem, denn man braucht nur kurz zu fragen, ob denn auch ein Individuum
gesund sei, das sich an eine kranke Gesellschaft anpasse.
[...]
Allerdings gibt es noch nicht sehr lange auch Versuche – ich erinnere an die
Arbeiten von Dr. Dunn aus Washington und von anderen –, eine positive
Vorstellung von dem zu entwickeln, was seelische Gesundheit bzw.
Gesundheit überhaupt ist, und sie nicht negativ als Abwesenheit von
Krankheit, sondern positiv als Vorhandensein von Wohl-Sein (well-being)
zu definieren.
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Re: Bedeutungen von Wörtern
Oder auch
Erich Fromm, Haben oder Sein, S. 101-103 der vorliegenden Ausgabe (es gibt viele) hat geschrieben:In seiner Ethik unterscheidet [Baruch de] Spinoza zwischen Aktivität und
Passivität (Handeln und Erleiden) als den beiden Grundaspekten des
Seelenlebens. Das erste Kriterium der Aktivität ist, dass eine
Handlung in Einklang mit der menschlichen Natur steht: „Ich sage,
wir handeln, wenn etwas in uns oder außer uns geschieht, wovon wir
die adäquate Ursache sind, das heißt (nach der vorigen Definition),
wenn aus unserer Natur etwas in uns oder außer uns folgt, das durch
sie allein klar und deutlich verstanden werden kann. Dagegen sage ich,
wir leiden, wenn in uns etwas geschieht oder aus [II-337] unserer Natur
etwas folgt, wovon wir bloß eine Teil-Ursache sind“ (Spinoza, 1966,
Ethik, Teil III, Definition 2).
Diese Sätze sind für den modernen Leser schwer zu verstehen, der
gewohnt ist zu denken, dass dem Begriff „menschliche Natur“ keine
demonstrierbaren empirischen Tatsachen entsprechen. Doch ebenso
wie Aristoteles sah Spinoza dies anders; dasselbe gilt für einige heutige
Neurophysiologen, Biologen und Psychologen. Spinoza war überzeugt,
dass die menschliche Natur für den Menschen ebenso kennzeichnend
sei wie die Pferdenatur für das Pferd; auch glaubte er, dass Tugend
oder Lasterhaftigkeit, Erfolg oder Misserfolg, Wohl-Sein oder Leiden,
Aktivität oder Passivität eines Menschen davon abhängen, in welchem
Maß es ihm gelingt, seine artspezifische Natur optimal zu
verwirklichen. [33] Je näher wir dem Modell der menschlichen Natur
kommen, desto größer ist unsere Freiheit und unser Wohl-Sein.
[...]
Für Spinoza ist psychische Gesundheit in letzter Konsequenz eine
Manifestation richtigen Lebens, psychische Krankheit hingegen ein
Symptom der Unfähigkeit, in Einklang mit den Erfordernissen der
menschlichen Natur zu leben. „Dagegen, wenn der Habgierige an
nichts anderes denkt als an Gewinn und Geld, und der Ehrgeizige an
Ruhm usw., so gelten diese nicht als wahnsinnig: weil sie lästig zu sein
pflegen und für hassenswert erachtet werden. In Wahrheit aber sind
Habgier, Ehrgeiz, Wollust [II-338] usw. Arten des Wahnsinns, wenn
man sie auch nicht zu den Krankheiten zählt“ (Spinoza, 1966, Ethik,
Teil IV, Erläuterung zum 44. Lehrsatz). In dieser Äußerung, die dem
Denken unserer Zeit so fremd ist, bezeichnet Spinoza Leidenschaften,
die den Bedürfnissen der menschlichen Natur widersprechen, als
pathologisch; er geht sogar so weit, sie als eine Form von
Geisteskrankheit zu klassifizieren.
Spinozas Auffassung von Aktivität und Passivität ist eine überaus
radikale Kritik an der Industriegesellschaft. Im Gegensatz zur heute
herrschenden Überzeugung, dass Menschen, die in erster Linie von
der Gier nach Geld, Besitz und Ruhm angetrieben werden, normal und
angepasst seien, hält Spinoza sie für äußerst passiv und im Grunde
krank. Der aktive Menschentyp in Spinozas Sinn, den er selbst
verkörperte, ist inzwischen zur Ausnahme geworden und wird häufig
verdächtigt, „neurotisch“ zu sein, da er so wenig an sogenannte
normale „Aktivität“ angepasst ist.
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