Sühneleiden

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Marsianer
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Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Do 23. Nov 2023, 20:32

Was hat es damit auf sich?

Ein Zitat aus Fritz Gerlich, Die stigmatisierte Therese Neumann von Konnersreuth, ERSTER TEIL, Die Lebensgeschichte der THERESE NEUMANN
http://www.konnersreuther-resl.de/images/Gerlich_komplett.pdf
(Band 1 und 2 gibt es auch als grafischen Scan auf archive.org)
S. 163-165 (ganzes Kapitel) hat geschrieben:Die Sühneleiden

Seit der Zeit, seit der ich Therese Neumann persönlich kenne, konnte ich beobachten,
wie das, was sie als ihren Beruf bezeichnet, nämlich das Leiden für andere, immer mehr
auch den äußeren Ablauf ihres Lebens bestimmt. Dieses Leiden für andere findet sei-
nen stärksten Ausdruck in den Sühneleiden. Sie sind nach ihrer Aussage im erhobenen
Ruhezustand eine Hilfe, die sie verstorbenen Menschen leisten darf, um ihr Fegfeuer
abzukürzen, oder Lebenden, um ihnen Lasten und Verfehlungen zu mildern oder beim
Sterben zu helfen. Der äußere Vorgang war, soweit meine Beobachtungen reichen, bis-
her in der Regel der folgende: Therese Neumann begann über mangelndes Wohlbefin-
den zu klagen, sie fühlte sich schwach und suchte ihr Bett auf. Allmählich traten körper-
liche Krankheitserscheinungen auf, sei es Fieber, seien es Schmerzen im Körper, sei es
ein rasender Durst, z. B. als sie für jemanden litt, der sich noch im Fegfeuer befand, weil
er im Trinken unmäßig gewesen war. In einem solchen Fall erlebte ich, daß sie leiden-
schaftlich nach Wasser verlangte, nachdem sie vorher sich fortwährend mit der Zunge
die Lippen zu netzen versucht hatte. Der Pfarrer gab ihr ein Glas Wasser, nach dem sie
hastig griff, um es zurückzuweisen, sobald sie das Wasser an den Lippen spürte. Ein
derartiges Leiden kann sich stundenlang hinziehen. Der einzelne Vorgang, der in sei-
nem körperlichen Ausdruck bei jedem. Leiden, das ich miterlebte, wechselte, kann sich
in seinem innerlichen, zusammenhängenden Verlauf bei einem einzelnen Sühneleiden
wiederholen. Ich war einmal Zeuge - und zwar mehr wie zwei Stunden hindurch, wie
derselbe Ablauf dreimal hintereinander auftrat. War dann die Seele aus dem Fegfeuer
erlöst, so sprach sie nach Therese Neumanns Angabe mit ihr und dankte ihr. Therese
Neumann aber verlangte sehnsüchtig, mit der Seele in den Himmel kommen zu dürfen.

Wie mir der Pfarrer sagte, geschieht dies regelmäßig. Sie war außerordentlich traurig,
daß sie noch auf Erden bleiben mußte. Ein erhobener Ruhezustand, der sich dem Lei-
den anschloß, stellte ihre meist sehr erschöpfte Kraft rasch wieder her. Hat sie einem
Menschen beim Sterben helfen dürfen, so meint der Beobachter, sie stürbe selbst vor
seinen Augen in dem Augenblicke, wo der Mensch, dem ihre Hilfe bestimmt ist, sterben
soll. Ich weiß von einem Fall, wo, ihr Körper die Krankheitserscheinungen des Sterben-
den, wie Wassersucht, Asthma und Atemnot usw. zeigte. Therese Neumanns Körper
schwoll ebenfalls auf. Sofort nach dem Tode der betreffenden Person kam Therese
Neumann in einen erhobenen Zustand, während die Krankheitserscheinungen bei ihr
zugleich verschwanden. Der Pfarrer erzählte mir ferner: Bei einem Sühneleiden wegen
Alkoholmißbrauch in einer Gemeinde in der Fastnachtszeit habe sie derart aus dem
Munde nach Schnaps und Bier gerochen, daß man das Zimmer öffnen mußte und daß
selbst auf dem Hausgang ein ganz starker Schnapsgeruch bemerkbar war, so daß der
Vater Neumann sagte, man möchte geradezu meinen, sie hätten im Hause ein
Schnapsgelage gehabt. Dabei erbrach sie sich fortwährend unter größten körperlichen
Schmerzen, ohne daß der Mund außer diesem Geruch etwas von sich gab.

Derartige Leidenshilfe wird nach dem, was mir Therese Neumann selbst in solchen Zu-
ständen und auch im gewöhnlichen Zustand erzählte und was der Pfarrer bestätigte,
Menschen ohne Unterschied zuteil. Ich weiß von einem Fall, wo diejenige, der die Ster-
behilfe bestimmt war, eine frühere Prostituierte war: „Weißt," sagte sie zu mir später im
erhobenen Ruhezustand, „des Moidl war noch vor zwei Jahren in einem öffentlichen
Haus. Na hat sie sich bekehrt und ist in einen Büßerinnenorden eintreten, und jetzt
durfte i ihr beim Sterben helfen." Ein anderes Mal war die Leidenshilfe für einen protes-
tantischen Scherenschleifer bestimmt, der ein Mann „guten Willens" ist. Es sind - wie
auch aus dem Tagebuch des Pfarrers ersichtlich ist schon Personen in Konnersreuth
erschienen, die sich bei ihr für eine Hilfe bedankten, welche sie in größter Gewissensnot
erfahren hatten und die sie Therese Neumanns Sühneleiden zuschrieben. Darunter be-
fanden sich auch solche, von denen Therese Neumann vorausgesagt hatte, daß sie
vorher für sie wegen genau bezeichneter Anlässe leiden werde und die dann nachher
kommen und die Anlässe bei ihrem Dank auch erzählen würden. Aus solchen Berichten
späterer Besucher konnte dann der Pfarrer die Richtigkeit der Voraussagen feststellen.

Es drängte mich einmal, mit ihr im erhobenen Ruhezustand über diese Sühneleiden als
etwas mir völlig Neuem und gedanklich nicht recht Faßbarem zu sprechen. Ich erklärte
ihr offen, daß ich den Vorgang nicht verstände. Da antwortete sie mir etwa folgender-
maßen „Sieh mal ! Der Heiland ist gerecht. Deswegen muß er strafen. Er ist aber auch
gütig und will helfen. Die Sünde, die geschehen ist, muß er bestrafen. Wenn aber ein
anderer das Leiden übernimmt, so geschieht der Gerechtigkeit Genüge, und der Heiland
erhält Freiheit für seine Güte." In diesem Gespräch fragte ich sie weiter, wie sie innerlich
zum Leiden stehe. Ich glaubte nämlich beobachtet zu haben, daß sie das Leiden fürch-
tet und es mit großer Willensanstrengung und nur aus Gehorsamsbereitschaft gegen-
über der göttlichen Fügung, die ihr dieses Kreuz auferlegt hat, zu ertragen versucht. Sie
antwortete mir auf meine Frage: „Sieh mal! Das Leiden kann niemand gern haben. Auch
ich hab es nicht gern. Kein Mensch hat den Schmerz gern, und ich bin auch ein
Mensch. Ich hab den Willen des Heilandes gern. Und wenn er ein Leiden schickt, so
nehme ich es an, weil er es will. Aber das Leiden hab ich nicht gern."

Dieser Antwort und den erwähnten Beobachtungen entspricht ferner das, was ich als
Zeuge von Versuchungen der Therese Neumann über ihre Leidensbereitschaft erlebt
habe. Ich sah sie von Angst und Schmerz geworfen im Bett liegen und hörte, wie sie
stöhnte: „Ich kann nimmer, ich mag nimmer!" Und wenn dann der Pfarrer helfend sagte :
„Resl, aber wenn der Heiland es so will!" dann kam die Antwort: „Wenn er es will, dann
will ich's auch. Dann werd's scho recht sei. Denn er ist gut. Aber weißt, es ist ja nimmer
zum Aushalten!" Auch eine andere Anfechtung, nämlich die des Zweifels an ihrem eige-
nen Glauben, bleibt ihr nicht erspart. Auch dieses kann ich als Zeuge aussagen. Die in
diesem Abschnitt besprochenen Erscheinungen bei Therese Neumann stehen, soweit
ich bisher erfuhr, in einem gewissen Zusammenhang mit dem Ablauf des kirchlichen
Jahres. Das gleiche gilt von ihrem körperlichen Befinden überhaupt. In der Advents- und
Fastenzeit hat sie besonders viel zu leiden, und zwar auch solche Leiden, die nicht als
Sühne für eine oder mehrere bestimmte Personen bezweckt zu sein scheinen. Auch bei
derartigen Leiden sind Erscheinungen von Wassersucht mit Anschwellen der Beine und
andere Krankheiten aufgetreten. Sie wird dabei schließlich völlig bettlägerig, um am
ersten Weihnachtstag oder am Morgen des Ostertages nach raschem Verschwinden der
Erscheinungen zur Kirche gehen und sich wieder frei herumbewegen zu können. Gera-
de diese Beobachtung legt den Gedanken nahe, diese Leiden nicht mehr als Krankhei-
ten im landläufigen Sinn anzusehen. Sie werden im erhobenen Ruhezustand als religiös
zweckbestimmte Vorgänge bezeichnet. Dabei wird aber gleichzeitig erklärt, daß die
Krankheiten als solche körperlich vorlagen. Am Schlusse einer Wassersucht mit
Schwellung der Beine und des Leibes ging in der Tat viel Wasser auf natürlichem Wege
ab, wie mir sie selbst, ihre Eltern und der Pfarrer mitteilten.

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Sa 28. Sep 2024, 11:07

Thread zu Sühneseelen: viewtopic.php?f=2&t=327

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » So 29. Sep 2024, 09:46

Heilige Faustyna, Tagebuch, Randnummern 638+641 hat geschrieben:Ich erkenne, dass mich außer dem Werk der Barmherzigkeit nichts mehr mit dieser Erde verbindet.

641 O welche Freude, sich für die unsterblichen Seelen abzutöten. Ich weiß, dass ein Weizenkorn, das zu Speise werden soll, vernichtet und von Steinen zermahlen werden muss, so auch ich, um der Kirche und den Seelen nützlich zu sein; ich muss vernichtet werden, obwohl nach außen hin niemand mein Opfern bemerkt.

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Di 8. Okt 2024, 12:43

Tue ich es mal hier dazu.
Randnummer 692 hat geschrieben:O Jesus, ich verstehe, dass Deine Barmherzigkeit unergründlich ist; deshalb bitte ich Dich, mache mein Herz so groß, dass es die Bedürfnisse aller auf dem ganzen Erdkreis lebenden Seelen aufnehmen kann. O Jesus, meine Liebe reicht über diese Welt hinaus, bis zu den im Fegefeuer leidenden Seelen. Für sie will ich durch Ablassgebete Barmherzigkeit üben. [...] O Jesus, mache mein Herz für jedes seelische oder leibliche Leiden meines Nächsten empfindlich. O mein Jesus, ich weiß, dass Du mit uns so verfährst, wie wir mit unseren Nächsten verfahren. Mein Jesus, bilde mein Herz nach Deinem barmherzigen Herzen. Jesus, hilf mir durchs Leben zu gehen und dabei jedem Gutes zu tun.

Randnummer 695 hat geschrieben:Einmal erhielt ich eine Erleuchtung bezüglich zweier Schwestern; ich begriff, dass man nicht mit allen gleich umgehen darf. Es gibt Personen, die auf sonderbare Weise verstehen, Freundschaften zu knüpfen und als Freunde, unter dem Vorwand, Erleichterung zu bringen, ein Wort nach dem anderen herausziehen, und dann zu gegebener Zeit dieselben Worte anzuwenden, um Ungutes zu tun. Mein Jesus, wie sonderbar ist die Schwachheit der Menschen. Deine Liebe, Jesus, verleiht der Seele die große Umsicht im Umgang mit anderen.

Bedürfnissen anderer entsprechen, Umsicht im Umgang mit anderen, wegen dem Unguten zu dem es sie zieht. Das ist schon etwas, das mich noch beschäftigt. Ich weiß, es kann wirken als würden andere durch, sage ich mal wieder, "Anstrahlung", lichter werden. doch so einfach ist das nicht unbedingt, denn sie könnten darin auch mehr Nahrung bekommen um Ungutes in sich zu füttern, zu dem es sie dennoch noch zieht. Wie geht man da auf Leute zu, kann ihnen überhaupt "liebend helfen"?

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Agape » Di 8. Okt 2024, 16:56

Marsianer hat geschrieben:Bedürfnissen anderer entsprechen, Umsicht im Umgang mit anderen, wegen dem Unguten zu dem es sie zieht. Das ist schon etwas, das mich noch beschäftigt. Ich weiß, es kann wirken als würden andere durch, sage ich mal wieder, "Anstrahlung", lichter werden. doch so einfach ist das nicht unbedingt, denn sie könnten darin auch mehr Nahrung bekommen um Ungutes in sich zu füttern, zu dem es sie dennoch noch zieht. Wie geht man da auf Leute zu, kann ihnen überhaupt "liebend helfen"?

Liebend helfen hiesse vielleicht, ihnen überhaupt die Möglichkeit aufzuzeigen, lichter zu werden. Wenn sie damit missbräuchlich umgehen, bedeutet dies nicht, dass ihnen nicht geholfen worden wäre. Es bedeutet nur, dass sie die Hilfe nicht angenommen haben. Würde ihnen die Hilfe jedoch "vorbeugend" verweigert, um sie womöglich nicht für Ungutes zu stärken, was wäre dann? Heisst es nicht, dass es auf jede einzelne Seele ankomme, die noch gerettet werden könne?

"Deine Liebe, Jesus, verleiht der Seele die große Umsicht im Umgang mit anderen".
"Schreiben ist der direkte Weg zum Herzen"
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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Di 8. Okt 2024, 20:30

Agape hat geschrieben:Liebend helfen hiesse vielleicht, ihnen überhaupt die Möglichkeit aufzuzeigen, lichter zu werden. Wenn sie damit missbräuchlich umgehen, bedeutet dies nicht, dass ihnen nicht geholfen worden wäre. Es bedeutet nur, dass sie die Hilfe nicht angenommen haben.

Zu gewissem Grad können die Leute wohl meist vorher eingeschätzt werden. Da könnte man sich dann auch fragen, ob man zu pessimistisch einschätzt, den Leuten vielleicht nicht zutraut etwas doch mehr günstig aufzunehmen. Im Zweifel kann es mal versucht werden, um dann weitere Schlüsse draus zu ziehen. Bei manchen wäre es aber auch eher nicht so gut, solchen z.B. die zu immer neuen Leuten ziehen, um diese Momente zu Schlechten auszunutzen.

Wenn Faustyna oder andere "Sühneseelen" erfahren, daß sie selbst leiden, weil sie das Leiden anderer auf sich nahmen, setzt es schon gewisse Bedingungen voraus, um letztlich dann auch im Guten wirken zu können? Gott hält als Jesus ja auch viele Menschen letztlich auf Distanz, da diese mehr Kraftzufuhr oder weniger Leiden dafür nutzen würden, sich selbst mehr in Finsteres hineinzuleben und dann mehr zu schaden als vorher?

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Do 10. Okt 2024, 09:50

Bei Faustyna sehe ich schon eine Art kindliche Zuwendung an andere Menschen. Öfters ist Thema für, durch sie leiden zu wollen, um deren Zustand zu bessern. Das geht nach meinem Eindruck auf undramatische Weise recht stimmig Richtung Feindesliebe? Auch wenn es oft nicht um Menschen ging, die offen reflektiert feindlich auftraten. Immer mal wurde beschrieben, daß aber ungutes Verhalten gegen sich gerade dann an sich gehäuft beobachtet wurde, wenn der eigene Zustand besonders hell, gottnah war? Dann wurde dies hingenommen und sozusagen wie eigene Schlechtigkeit behandelt?

Faustyna machte nicht alles mit, wie wohl viele Leute, die sich gerne an andere Menschen hängen. Aber mein Eindruck ist, daß auch keine Geenzen zu anderen Menschen hin gesetzt wurden, wie viele, die sich als Christen verstehen, es soweit ich sehe tun. Ich in etlichen Bereichen wohl seit Jahren auch halbwegs. Wenn so Grenzen gesetzt werden, wird das Schlechte des anderen von sich selbst ferngehalten, indem seelisch Distanz zu ihm aufgebaut wird. Das empfindet der andere dann meist und mag dann diesen Kontakt nicht so sehr. Faustyna hat wohl eher alles Schlechte von anderen Menschen her seelisch angenommen, um es dann innerlich in Grenzen zu setzen wie "eigenes" Schlechtes. Das wirkt dann auf diese Art auch auf die anderen zurück, es wird für diese gelitten. Viele versuchens ich in solchen Dingen eher äußerliche Pläne für ihre Grenzen zu machen, das dürfte insofern immer scheitern, daß es dann nicht vergleichbar wirkt.

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Fr 18. Okt 2024, 11:46

Ab Randnummer 789 hat geschrieben:Immer den anderen Vorrang gewähren in jeder Hinsicht, besonders während der Erholungsphasen. Ruhig zuhören, nicht unterbrechen, auch wenn man mir zehnmal dasselbe erzählen sollte. Niemals werde ich nach Dingen fragen, auf die ich sehr neugierig bin. 792 Niemals über eigene Erlebnisse sprechen. [...] Immer das Herz für Leiden anderer offenhalten und die eigenen Leiden im Herzen Gottes versenken, damit sie nach außen, so weit möglich, nicht zu sehen sind. [...] Falls man mir ungerecht Vorwürfe macht, sich nicht rechtfertigen; [... 793 ...] Du bist das unergründliche Meer der Barmherzigkeit für uns Sünder. Je größer unser Elend, desto größer unser Anrecht auf Deine Barmherzigkeit.

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Re: Sühneleiden

Beitragvon Agape » Fr 18. Okt 2024, 12:15

Marsianer hat geschrieben:
Ab Randnummer 789 hat geschrieben:Immer den anderen Vorrang gewähren in jeder Hinsicht
Ruhig zuhören, nicht unterbrechen, auch wenn man mir zehnmal dasselbe erzählen sollte
Niemals werde ich nach Dingen fragen, auf die ich sehr neugierig bin
Niemals über eigene Erlebnisse sprechen
Falls man mir ungerecht Vorwürfe macht, sich nicht rechtfertigen

Dabei geht es offenbar um nichts, was sich mit "Kommunikation" im üblichen Sinne vergleichen liesse. Geht es überhaupt um "Beziehung" zwischen Wesen?
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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Fr 18. Okt 2024, 12:42

Agape hat geschrieben:Dabei geht es offenbar um nichts, was sich mit "Kommunikation" im üblichen Sinne vergleichen liesse.

Thema ist hier ja "Sühneleiden". Faustyna nahm immer mal wohl entsprechend einer Sitte mancher Orden zu bestimmten Daten an "Exerzitien" teil. Diese Aussagen zählen offenbar zu Notizen zu eintägigen Exerzitien am 1.12.1936. Dabei wurden wohl oft sozusagen Vorsätze oder Idealvorstellungen menschensprachlich formulierter Art aufgestellt oder reflektiert. Und einige Randnummern später liest es sich in eigenen Notizen zu einem Kuraufenthalt dann z.B. so:
Randnummer 803 hat geschrieben:[Dreimonatige Kur in Pradnik] Mein Einzelzimmer ist neben dem Saal für Männer. Ich wusste nicht, dass Männer solche Schwätzer sind; von früh bis in die späte Nacht wird dort über die verschiedensten Themen geredet. Im Saal der Frauen ist es viel ruhiger. [...] Es fällt mir schwer, bei diesem Gelächter und Witzen, mich zum Gebet zu sammeln. Wenn mich die Gnade Gottes ganz in Besitz nimmt, stören sie mich nicht; dann weiß ich nämlich nicht, was um mich geschieht. Mein Jesus, wie wenig diese Menschen über Dich sprechen; über alles, nur nicht über Dich, Jesus. Wenn sie aber wenig reden, dann gedenken sie wohl Deiner auch nicht; die ganze Welt interessiert sie, doch über Dich, den Schöpfer, herrscht Schweigen.

Das wirkt auf mich z.B. nicht ganz so, als wäre Faustyna die Vorstellung sinnvoll erschienen, sich eventuell zwecks Sühneleiden in diesen Saal zu begeben und sich entsprechend dieser Exerzitienideale dort den ganzen Tag zutexten zu lassen? ;)
Geht es überhaupt um "Beziehung" zwischen Wesen?

Das würde ich schon sagen? Einem anderen kann dabei ein Raum gegeben werden, sich auszuleben, dabei mal ruhigere Anstrahlung von jemandem zu erfahren?

Agape
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Re: Sühneleiden

Beitragvon Agape » Fr 18. Okt 2024, 17:10

Marsianer hat geschrieben:
Randnummer 803 hat geschrieben:[Dreimonatige Kur in Pradnik] Mein Einzelzimmer ist neben dem Saal für Männer. Ich wusste nicht, dass Männer solche Schwätzer sind; von früh bis in die späte Nacht wird dort über die verschiedensten Themen geredet. Im Saal der Frauen ist es viel ruhiger. [...] Es fällt mir schwer, bei diesem Gelächter und Witzen, mich zum Gebet zu sammeln.

Wenn sie aber wenig reden, dann gedenken sie wohl Deiner auch nicht; die ganze Welt interessiert sie, doch über Dich, den Schöpfer, herrscht Schweigen.

Das wirkt auf mich z.B. nicht ganz so, als wäre Faustyna die Vorstellung sinnvoll erschienen, sich eventuell zwecks Sühneleiden in diesen Saal zu begeben und sich entsprechend dieser Exerzitienideale dort den ganzen Tag zutexten zu lassen? ;)

Vermutlich ging es bei diesen Männern weniger um ein "bewusstes" Leiden. Wobei Faustyna einerseits offenbar selbst teilweise darunter "litt", dass sie solcherart "Berieselung" ausgesetzt war. Auch das Wahrnehmen der vorherrschenden geistigen Gesinnung betrübte sie wohl "stellvertretend", denn sie erkannte ja deren "Inhaltslosigkeit".
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Re: Sühneleiden

Beitragvon Marsianer » Fr 18. Okt 2024, 20:56

Agape hat geschrieben:Vermutlich ging es bei diesen Männern weniger um ein "bewusstes" Leiden.

Es handelte sich offenbar um eine Kureinrichtung, in der sich normale Bürger aufhielten, oder?
Die Städtischen Sanitäranstalten in Biały Prądnik entstanden in den Jahren 1913-1917 kraft eines Beschlusses des Krakauer Stadtrates. Der Bau wurde in Anlehnung an Entwürfe durchgeführt, die vom Stadtarzt Dr. Tomasz Janiszewski signiert waren (erster Direktor der Anstalten) und des damaligen berühmten Krakauer Architekten Jan Zawiejski. Die Kapellen (in einem eigenen Gebäude) im modernistischen Stil wurden von A. Szyszko-Bohusz oder F. Mączyński entworfen. Bei der Eröffnung der Städtischen Sanitäranstalten gab es 246 Betten, darunter 120 für Scharlachkranke und 126 für Tuberkulosekranke.

https://www.heiligefaustina.de/in-krakau

Bei ihren Prinzipien ging es um das eigene Verhalten, nicht das anderer. Bei Sühneleiden ginge es um die Frage, welche Zustände anderer inwiefern mitgetragen, mitgesühnt werden wollten?
Wobei Faustyna einerseits offenbar selbst teilweise darunter "litt", dass sie solcherart "Berieselung" ausgesetzt war. Auch das Wahrnehmen der vorherrschenden geistigen Gesinnung betrübte sie wohl "stellvertretend", denn sie erkannte ja deren "Inhaltslosigkeit".

Ja, und doch war vorher notiert worden "Ruhig zuhören, nicht unterbrechen, auch wenn man mir zehnmal dasselbe erzählen sollte".


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