Zunächst dachten wir, wir hätten einen Fehler bei der Auswertung gemacht. Doch dann haben wir das gleiche Ergebnis immer wieder gefunden. Je positiver Hochschulabsolventen darüber phantasiert haben, wie schnell sie nach der Uni einen tollen Job finden, umso länger waren sie zunächst arbeitslos, umso weniger haben sie verdient. Studenten, die sich vorgestellt haben, in einer Prüfung so richtig gut abzuschneiden, haben schlechtere Noten geschrieben als ihre Kommilitonen, die weniger optimistisch waren.
Sogar im zwischenmenschlichen Bereich trat der Effekt auf: Wir haben Personen untersucht, die in jemanden verknallt waren. Je intensiver sich die Verliebten vorgestellt haben, wie es wäre, mit dem Angebeteten zusammenzukommen, umso unwahrscheinlicher wurde eine Beziehung. Positives Denken hindert uns daran, Ziele zu erreichen.
Dabei haben doch über Jahrzehnte die Ratgeber und Lebenshilfe-Autoren "Think pink" gepredigt und den Leuten erzählt: "Wenn du nur positiv denkst, wird alles gut!" Wie kam man denn auf diesen Humbug?
Darüber kann ich nur spekulieren. Wir haben nicht wissenschaftlich untersucht, warum sich diese Überzeugung in den Köpfen festgesetzt hat. Aber Sie können sich ja vorstellen, wie verführerisch das ist. Positiv zu denken ist ja zunächst sehr angenehm und wenn mir dann noch jemand sagt, dass purer Optimismus ganz wunderbare Effekte auf mein Leben hat, dann glaube ich das gern.
Wunschträume und Phantasien sind ja auch durchaus sinnvoll. Sie machen gute Laune, helfen zu entspannen. Aber sie stehen uns im Weg, wenn es darum geht, tatsächlich eine Aufgabe anzupacken, Ziele zu erreichen.
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