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Ich beantworte meine gestellten Fragen erst einmal selbst und beziehe mich dabei teils auf meine bisherigen Erfahrungen im schriftlichen Kennenlernen mit verschiedenen, am Mitwohnen interessierten Menschen. Sich daraus ergebende Schwerpunkte hebe ich heraus, indem ich mich auf mir in diesem Zusammenhang besonders bedeutend erscheinende Zitate beziehe:
Agape hat geschrieben:Worum geht es dem Jakobgut, wenn es dem gegenseitigen Kennenlernen eine so hohe Priorität einräumt? Weshalb findet dieses Kennenlernen seinen Ausdruck in schriftlicher Form?
Es wurde ja schon viel darüber geschrieben, z. B. auf http://www.jakobgut.de und http://www.jakobgut.de/erdnuss.htm - deshalb beschränke ich mich hier auf die Essenz meiner Eindrücke und auf voraussetzende Qualitäten für ein späteres Mitwohnen. Hierbei geht es zuerst einmal darum, dass die Schriftlichkeit als einen festen Bestandteil der geistigen Ausrichtung des Jakobguts angesehen werden soll. Es gibt diesbezüglich nichts daran zu rütteln, das heisst, nur Menschen, die sich in der Schriftlichkeit auf irgendeine Weise „zu Hause fühlen“, werden sich auch im Jakobgut zu Hause fühlen. Wie anders liesse sich das am besten herausfinden - wenn nicht in einem schriftlichen Kennenlernaustausch?
Kann man jemanden überhaupt "richtig" kennenlernen, den man weder sieht noch hört und dessen Name, Alter und gesellschaftlicher Status eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheinen?
Worauf bezieht sich dieses „richtig“? Auch das ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Punkt, eine diesbezügliche Auseinandersetzung im Kennenlernaustausch vermag einiges dazu zu enthüllen, wie ein Mensch denkt, fühlt und handelt. Möglicherweise aus einer Vorstellung heraus, dass er Körper sei, einen bestimmten Namen trage, ein biologisches Alter habe, sterblich sei und aus eigener Kraft mittels aller körperlicher Sinne und mit hohem Einsatz von „menschlicher Disziplin“ hier auf der Erde „sein Bestes“ zu geben habe? Kann ein Mensch mit einem solchen Verständnis seiner selbst und seiner Mitmenschen im Jakobgut je innerlich zufrieden sein/werden?
Auf etliche Menschen wirkt dies wohl ungewöhnlich und sie stellen sich vielleicht vor, es ginge darum, sich mit dem Umgang von Sichtweisen zu verschiedenen Themen abzugleichen und hauptsächlich darin eine Übereinstimmung anzustreben. Dabei scheint offenbar des Öfteren mehr oder weniger bewusst "vergessen" zu gehen, dass es ja auch sehr bedeutsam wäre, den direkten menschlichen Umgang miteinander abzutasten und zu verstehen versuchen - sich beispielsweise dafür zu interessieren, wie das Gegenüber denkt und fühlt, wenn es nicht um spezifische Themen im Aussen, sondern vor allem in seiner inneren Welt geht.
Ja - wie wollen wir im Jakobgut miteinander umgehen? Unter anderem geht es uns im schriftlichen Kennenlernen erst einmal darum, die Bereitschaft zu haben, seine bisherigen Vorstellungen hinterfragen zu lassen und in der Folge diese weitgehend auf den Prüfstand zu stellen:
„Ein Oadier ist stets bereit das, was er selbstverständlich findet, offenen Geistes zu hinterfragen. Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen bedeutet zu formulieren, was man als Individuum für selbstverständlich hält. Das steht einer naiven Herangehensweise an die Welt nicht entgegen und resultiert aus dem Respekt, den man einem anderen Individuum entgegenbringt. Sich auf den anderen einzulassen, sich ihm zu zeigen wie man ist, wie man wirklich ist, nicht wie man gerne gesehen werden würde oder selbst gerne wäre. Zu sehen, wie der andere sich auf mich einlässt, darin zu erleben, dass da etwas lebt. Begegnung. Nicht Belauern und Furcht voreinander, vor sich selbst.“
http://www.oadien.de/selbstverstaendlich.htm
Weshalb besteht diese Tendenz? Möchte man dem anderen "nicht zu nahe treten" - oder geht es eher darum, dass man sich davor scheut, sich selbst zu begegnen, indem man dem Gegenüber begegnet?
Vielleicht ergeben sich hier in diesem Thread diesbezüglich ein paar aufschlussreiche Antworten/Erkenntnisse?