Prelest

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Marsianer
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Re: Prelest

Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 14:19

Agape hat geschrieben:Beispielsweise ein Zustand der Sachlichkeit, der Beschränkung auf das Zweckmässige und der geistigen Klarheit.

Da ginge es dann um den persönlichen Umgang mit eigenem mystischen Erleben und Ähnlichem? Wie dieser gegenüber anderen dargestellt wird? Wer sich mit soetwas aufspielt, der könnte keine "echten" Erfahrungen solcher Art gemacht haben.

Agape
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Re: Prelest

Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 15:03

Marsianer hat geschrieben:
Agape hat geschrieben:Beispielsweise ein Zustand der Sachlichkeit, der Beschränkung auf das Zweckmässige und der geistigen Klarheit.

Da ginge es dann um den persönlichen Umgang mit eigenem mystischen Erleben und Ähnlichem? Wie dieser gegenüber anderen dargestellt wird? Wer sich mit soetwas aufspielt, der könnte keine "echten" Erfahrungen solcher Art gemacht haben.

Da würde sich vielleicht die Frage stellen, was in diesem Zusammenhang "echt" bedeuten könnte. Wäre etwas "echt", das ein "sich Aufspielen" zur Folge hat? Oder wäre es eher "echt", wenn aus der Erfahrung etwas hervorginge, das über solche Wertigkeiten hinausgehen lässt?
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Marsianer
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Re: Prelest

Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 16:01

Agape hat geschrieben:Da würde sich vielleicht die Frage stellen, was in diesem Zusammenhang "echt" bedeuten könnte. Wäre etwas "echt", das ein "sich Aufspielen" zur Folge hat? Oder wäre es eher "echt", wenn aus der Erfahrung etwas hervorginge, das über solche Wertigkeiten hinausgehen lässt?

Ich zitiere mal aus dem anfangs verlinkten Artikel:
Der Beamte fing sofort an, von seinen Visionen zu sprechen - dass er beim Gebet ständig Licht an den Ikonen sehe, einen Wohlgeruch wahrnehme, eine außerordentliche Süße im Munde verspüre und so weiter. Nachdem der Mönch diesen Bericht gehört hatte, fragte er den Beamten: „Hatten Sie schon einmal den Gedanken, sich umzubringen?“ – „Und ob!“, antwortete der Beamte, „einmal habe ich mich schon in die Fontanka geworfen, aber man hat mich wieder herausgezogen.“ Es stellte sich heraus, dass der Beamte die vom Heiligen Simeon beschriebene Art des Gebets angewandt und sein Einbildungsvermögen und Blut dadurch sehr erhitzt hatte, wobei der Mensch zu intensivem Fasten und Wachen fähig wird. Diesem Zustand der willkürlich gewählten Selbsttäuschung hatte der Teufel seine Wirkung, die diesem Zustand verwandt ist, hinzugefügt, und die menschliche Selbsttäuschung war in eine deutliche Prelest übergegangen. Der Beamte habe das Licht mit seinen körperlichen Augen gesehen; den Wohlgeruch und die Süße, die er verspürt habe, waren ebenfalls sinnlich. Im Gegensatz dazu sind die Visionen der Heiligen und ihre übernatürlichen Zustände rein spirituell (Heiliger Isaak der Syrer, Homilie 55). Ein geistlicher ist dazu erst fähig, wenn die Augen seiner Seele durch die Göttliche Gnade geöffnet wurden, wie auch die anderen Gefühle der Seele, die bis dahin in Stillstand verblieben waren (Heiliger Simeon der Neue Theologe, Homilie über den Glauben): an der segenspendenden Vision nehmen auch die körperlichen Gefühle der Heiligen teil, aber erst dann, wenn der Körper vom leidenschaftlichen Zustand in den leidenschaftslosen Zustand übergeht.

Und:
Prelest ist die Aneignung der Lüge, die der Mensch für die Wahrheit hält. Ursprünglich wirkt Prelest auf die Denkweise; nachdem sie akzeptiert wurde und die Denkweise verdorben hat, wird sie sofort dem Herzen mitgeteilt und verkehrt dessen Gefühle; sobald sie das Wesen des Menschen beherrscht, durchflutet sie all seine Aktivitäten, vergiftet selbst seinen Körper, der vom SCHÖPFER mit der Seele untrennbar verbunden wurde.

[...]

Einer, der der Lehre Christi untreu ist und dem eigenen Willen und dem eigenen Verstand folgt, unterwirft sich dem Feind und geht vom Zustand der verführenden Selbsttäuschung zum Zustand der dämonischen Prelest über; er verliert den Rest seiner Freiheit und unterwirft sich vollständig dem Teufel. Die Zustände der Menschen, die in dämonischer Prelest sind, können sehr unterschiedlich sein, indem sie jeweils der Leidenschaft entsprechen, durch die der Mensch verleitet und versklavt wurde, und auch dem Ausmaß der Versklavung des Menschen durch die jeweilige Leidenschaft. Aber alle, die der dämonischen Prelest verfallen sind - also durch die eigene verführende Selbsttäuschung in eine Gemeinschaft mit dem Teufel und somit in die Sklaverei eingetreten sind - befinden sich in der Prelest, das heißt, sie sind Tempel und Instrumente der Dämonen, Opfer des ewigen Todes und verdammt zum Dasein in den Kerkern der Hölle.

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Re: Prelest

Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 16:53

Es stellte sich heraus, dass der Beamte die vom Heiligen Simeon beschriebene Art des Gebets angewandt und sein Einbildungsvermögen und Blut dadurch sehr erhitzt hatte, wobei der Mensch zu intensivem Fasten und Wachen fähig wird. Diesem Zustand der willkürlich gewählten Selbsttäuschung hatte der Teufel seine Wirkung, die diesem Zustand verwandt ist, hinzugefügt, und die menschliche Selbsttäuschung war in eine deutliche Prelest übergegangen.

Was aus Einbildung hervorgeht und eine Selbsttäuschung bewirkt, kann unmöglich als "echt" bezeichnet werden. Ausserdem hat hier der Teufel seine Hände im Spiel - und wo dies der Fall ist, kann nur von "falsch" gesprochen werden - im Sinne eines "falschen" Weges, der ins Verderben (in die Finsternis) führt, was hier mit "Unechtheit/Falschheit" gleichgesetzt werden kann.

Im Gegensatz dazu sind die Visionen der Heiligen und ihre übernatürlichen Zustände rein spirituell (Heiliger Isaak der Syrer, Homilie 55). Ein geistlicher ist dazu erst fähig, wenn die Augen seiner Seele durch die Göttliche Gnade geöffnet wurden, wie auch die anderen Gefühle der Seele, die bis dahin in Stillstand verblieben waren (Heiliger Simeon der Neue Theologe, Homilie über den Glauben): an der segenspendenden Vision nehmen auch die körperlichen Gefühle der Heiligen teil, aber erst dann, wenn der Körper vom leidenschaftlichen Zustand in den leidenschaftslosen Zustand übergeht.

Hier würde es sich um "Echtheit" handeln, weil die Augen durch die Göttliche Gnade geöffnet wurden (aus ergriffenem göttlichen Geist heraus) und fähig sind, Echtes (Lichtes) zu sehen, ohne durch Unechtes - als ein Attribut der Finsternis - verblendet zu sein.
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Re: Prelest

Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 17:17

Agape hat geschrieben:Was aus Einbildung hervorgeht

Ich bin mir nicht so ganz klar darüber, was dort damit gemeint wird. Theoretisch könnte es anders auch "sich öffnen" genannt werden? Genauso ist mir nicht so klar, was "rein spirituell" nach diesem Ansatz charakterisieren würde.
und eine Selbsttäuschung bewirkt, kann unmöglich als "echt" bezeichnet werden. Ausserdem hat hier der Teufel seine Hände im Spiel

Das sind soweit erstmal nur Deutungen der beschriebenen Situation durch die Person, die sich dort äußerte.

Passt wohl ergänzend:
Mönch Dr. theol. Arsenios Vliangoftis hat geschrieben:Um nun also zu dem Thema der Visionen und „Erfahrungen“ zurückzukehren, können wir hinzufügen, daß: Natürlich kann die Gnade Gottes die Geläuterten und Würdigen aufsuchen, wo und wann immer es ihr wünschenswert erscheint, entweder für sie oder für die Erbauung des Leibes Christi, das heißt, der Kirche. Doch können diese Erfahrungen nicht erpreßt werden, noch sind sie Selbstzweck.

Die Heiligen raten uns, nach Reue zu streben – die ebenfalls eine Gabe Gottes ist – und die nach dem hl. Isaak dem Syrer erhabener ist als alle anderen Tugenden: „…denn ihr Werk kann niemals zu Ende gebracht werden; es ist nutzbringend für jeden, sowohl für die Sünder als auch für die Gerechten, die die Rettung zu erlangen wünschen (Homilie 55 „Über Leidenschaften“, hg. Priestermönch Joachim Spetsieris, S. 220). Es sollte also die Reue sein, nach der wir trachten, und nicht die Fähigkeit, Wunder zu vollbringen – die, wenn es uns an Demut mangelt, uns ernsthaft schaden oder sogar zerstören kann.

Die Art und Weise, mit der die Heiligen die Versuchung vermeiden, „Erfahrungen“ zu begehren, besteht darin, ein demütiges Gewissen zu bewahren.

Im Leben des Altvaters Paisios vom Heiligen Berg – der 1994 entschlief – wird folgendes Geschehnis erwähnt: Eines Abends, als er wach und betend in seiner Hütte lag, dachte er, das Dach der Hütte wäre dabei, sich weit zu öffnen, und Christus würde dort erscheinen und ihn segnen. „Mein Gott, wer bin ich, daß ich so würdig wäre, Dich zu sehen?“, war der demütige Gedanke, der ihm sofort in den Sinn kam. Daraufhin verschwand die Vision, die der Teufel ihm zu zeigen vorbereitete, wie ein Blitz.

Das Kriterium für die Wahrhaftigkeit der orthodoxen Askese besteht darin, daß sie mit Gewissenhaftigkeit vollbracht wer-den sollte (ein Detail, das Altvater Paisios besonders betonte) und mit Liebe, mit Demut und Unterscheidungsvermögen, und natürlich ohne unserem persönlichen Willen zu folgen – mit anderen Worten, daß es mit Gehorsam geschieht, und, in der Tat, mit einem „freudigen Gehorsam“, um sich an die Worte eines anderen großen Altvaters unserer Zeit zu erinnern, der nun entschlafen ist: Vater Porphyrios.

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Re: Prelest

Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 17:44

Marsianer hat geschrieben:
Agape hat geschrieben:Was aus Einbildung hervorgeht

Theoretisch könnte es anders auch "sich öffnen" genannt werden?

Dann bliebe die Frage offen, wofür sich geöffnet würde.

Marsianer hat geschrieben:Genauso ist mir nicht so klar, was "rein spirituell" nach diesem Ansatz charakterisieren würde.

Möglicherweise ein Wahrnehmen mittels spiritueller und weniger körperbasierter Sinne.

Marsianer hat geschrieben:
Agape hat geschrieben:und eine Selbsttäuschung bewirkt, kann unmöglich als "echt" bezeichnet werden. Ausserdem hat hier der Teufel seine Hände im Spiel

Das sind soweit erstmal nur Deutungen der beschriebenen Situation durch die Person, die sich dort äußerte.

Ja.
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Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 17:49

Agape hat geschrieben:Möglicherweise ein Wahrnehmen mittels spiritueller und weniger körperbasierter Sinne.

Die Beschreibung, die ich im Vorbeitrag ergänzte, würde sich wohl nicht auf körperbasierte Sinne beziehen, oder?

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Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 17:54

Marsianer hat geschrieben:
Agape hat geschrieben:Möglicherweise ein Wahrnehmen mittels spiritueller und weniger körperbasierter Sinne.

Die Beschreibung, die ich im Vorbeitrag ergänzte, würde sich wohl nicht auf körperbasierte Sinne beziehen, oder?

Im ersten Falle wohl schon?

Der Beamte habe das Licht mit seinen körperlichen Augen gesehen; den Wohlgeruch und die Süße, die er verspürt habe, waren ebenfalls sinnlich. Im Gegensatz dazu sind die Visionen der Heiligen und ihre übernatürlichen Zustände rein spirituell
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Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 17:59


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Re: Prelest

Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 18:32

Die Ergänzung hatte ich noch nicht gesehen. ;)

Marsianer hat geschrieben:Die Beschreibung, die ich im Vorbeitrag ergänzte, würde sich wohl nicht auf körperbasierte Sinne beziehen, oder?

Nein, ich nicht unbedingt. Jedoch würde es sich wieder um "Verblendung" gehandelt haben, wenn beim Erfahrenden nicht Demut vorgeherrscht hätte. Es wäre kein "echtes", sondern ein "unechtes" (vom Teufel beeinflusstes) Erfahren gewesen. Wäre es dann "rein" spirituell gewesen, im Sinne von "Reinheit" des Geistes?
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Re: Prelest

Beitragvon Marsianer » So 26. Sep 2021, 19:08

Agape hat geschrieben:Jedoch würde es sich wieder um "Verblendung" gehandelt haben, wenn beim Erfahrenden nicht Demut vorgeherrscht hätte. Es wäre kein "echtes", sondern ein "unechtes" (vom Teufel beeinflusstes) Erfahren gewesen.

So wird es nach dieser Herangehensweise offenbar gedeutet. Ich weiß noch nicht, inwieweit ich es ähnlich einordnen würde, ausgehend von den reinen Erfahrungen, die bewertet würden. Z.B. befremdet mich schon ein Stück weit, wenn dort etwa gezeichnet wird, solches "Mein Gott, wer bin ich, daß ich so würdig wäre, Dich zu sehen?" sei sozusagen Gott, Jesus Christus besonders wohlgefällig. Für mich drückt eine solche Haltung schon auch eine Ferne und Distanz aus, die ich fragwürdig finde. Und wieweit wäre solche "Demut" vielleicht kriecherische Speichelleckerei?
Wäre es dann "rein" spirituell gewesen, im Sinne von "Reinheit" des Geistes?

Wer weiß?

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Re: Prelest

Beitragvon Agape » So 26. Sep 2021, 19:37

Marsianer hat geschrieben:
Agape hat geschrieben:Jedoch würde es sich wieder um "Verblendung" gehandelt haben, wenn beim Erfahrenden nicht Demut vorgeherrscht hätte. Es wäre kein "echtes", sondern ein "unechtes" (vom Teufel beeinflusstes) Erfahren gewesen.

Z.B. befremdet mich schon ein Stück weit, wenn dort etwa gezeichnet wird, solches "Mein Gott, wer bin ich, daß ich so würdig wäre, Dich zu sehen?" sei sozusagen Gott, Jesus Christus besonders wohlgefällig. Für mich drückt eine solche Haltung schon auch eine Ferne und Distanz aus, die ich fragwürdig finde. Und wieweit wäre solche "Demut" vielleicht kriecherische Speichelleckerei?

Meinst Du nicht, dass Gott "sieht", wie die diesbezügliche Gesinnung eines Menschen ist? Meiner Ansicht nach wäre es nicht Demut, sondern immer noch Hochmut, wenn jemand glauben würde, Gott mit solcher Absicht täuschen zu können?
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