Um die Dimension der Verwerfungen durch die anhaltende Corona-Hysterie zu erfassen, muss man nur einmal die Aussagen vieler Nutzer sozialer Medien sichtbar machen. Die Namen der Personen habe ich im Folgenden weggelassen, sie verkörpern nur einen Prototyp, der üblicherweise in totalitären Regimen seine große Stunde erlebt und seinen Hass nun ungefiltert und mit Zustimmung anderer Mitläufer öffentlich machen darf. Das Internet, allen voran Facebook und Twitter, quillt geradezu über von Abwertungs- und Vernichtungswünschen gegenüber den als Feinden ausgemachten „Impfgegnern“, die nicht mehr als Menschen wahrgenommen werden. Relativ harmlos im Vergleich mit anderen, wenngleich die Querdenker am Ende bereits mit Terroristen gleichgesetzt werden, etwa diese Stimme aus der virtuellen Welt:
„Wer solche Leute kennt, bitte einen kompletten Boykott. Privat und geschäftlich. Keine Worte mit denen wechseln, nicht einstellen oder in der Firma behalten, nicht in deren Geschäfte gehen, für die arbeiten oder die als Kunden akzeptieren. Und die Leute aufklären, was für ein Kaliber Mensch das ist. Diese Leute müssen an den Rand der Gesellschaft getrieben werden und darüber hinaus. Die könnte genauso gut ISIS sein.“
Manchen besonders eifrigen Zeitgenossen reicht der Ausschluss aus Beruf und sozialem Leben der verhassten Querdenker nicht mehr. Letztere müssen ausgegrenzt und interniert werden, um die von ihnen verursachten Schäden zu minimieren. Das Lager wird von vielen Mitgliedern der regierungstreuen Covid-Sekte, ohne jegliche Scham, für Abweichende als einzig adäquater Ort gefordert. Selbst ein historisch mit der Vernichtung von Millionen Menschen zusammenhängender Begriff wie Konzentrationslager wird mit bestem Gewissen verwendet, dient das Wegsperren der Querdenker doch nur einer guten Sache. Der widerspenstige Bürger soll, wie es bereits explizit schon aus Regierungskreisen tönte, ja „vor sich selbst geschützt werden.“ Es handelt sich bei der Forderung nach Segregation also um eine Art Schutzhaft für die Uneinsichtigen. Nur einige Stimmen dazu:
„Ich weiß, das Wort Lager hat in diesem Zusammenhang eine negative Konnotation, aber so etwas in der Art brauchen wir, damit diese Impfverweigerer uns und sich nicht weiter gefährden.“
„Diese ganzen Querdenker sollte man alle wegsperren. Ich wäre für Konzentrationslager, da wären sie unter sich!! Denen sollte man die Kinder wegnehmen und arbeiten sollten die auch nicht dürfen.“
„Die ganzen Vollidioten die glauben die Regierung und die Medien würden uns manipulieren. Ich hoffe, diese Leute verlieren ihre Jobs und das System lässt diese Leute elendig im Lager oder wo auch immer verrecken. Verstehen diese Menschen nicht SIE sind das Problem weshalb wir so eine Krise haben.“
Am Ende steht, dem historischen Vorbild folgend, nach der Absonderung die Vernichtung. Erschreckend abschließend das Statement eines anonymen Users, politisch korrekt und mit Gendersternchen formuliert. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen ansonsten „woken“ Mitmenschen, der – so weit reicht das eigene Reflexionsvermögen aber nicht, um dies zu erkennen – dem Sprachduktus des SS-Chefs Heinrich Himmler ziemlich nahekommt:
„Wenn wir ab Herbst wieder in den Lockdown gehen müssen, wegen diesen unmoralischen und unsolidarischen Querdenker*innnen dann muss ich wirklich über meinen Schatten springen und sagen das dieses Ungeziefer (Querdenker sind keine Menschen) in Konzentrationslagern wie Auschwitz abgetötet werden sollen mitsamt den Virus weil diese ekelhafte Brut uns Geimpfte massiv gefährden. Nur ein toter Querdenker ist ein guter Querdenker.“
Stilblüten 2021 in Deutschland, bis dato verbale Entgleisungen, hervorgerufen, gefördert und für viele legitimiert von Politik und Medien, die Impfgegner und Querdenker als unsolidarische und asoziale Gruppe verortet haben.
Der Kollektivismus war nie tot. Dennoch, so offen, selbstverständlich und unisono wurde er schon lange nicht mehr von Politik und Gesellschaft vertreten. Wer individuelle Entscheidungen bei der Impfung ablehnt, hat auch kein Problem damit, individuelle Freiheit in weiteren Bereichen zu beschneiden. Die Ökonomie ist zuallererst eine Lehre vom menschlichen Handeln. In einer Marktwirtschaft agieren Individuen, nach einer eigenverantwortlichen Risikoabwägung, dezentral, gemäß ihren Informationen. Die ZDF-Infografik macht deutlich, was die Redakteure des Senders davon halten. Wer dem Individuum so sehr misstraut wie die aktuelle Politik, die auch nur Ausdruck des aktuellen Zeitgeistes ist, den kann es bei der Vorstellung von Marktwirtschaft nur schütteln. Viel zu gefährlich!
Woher sollen die Leute denn wissen, was gut für sie ist? Niemand weiß es besser als der Staat! Und überhaupt, hat der verordnete Lockdown nicht gezeigt, dass arbeiten eigentlich gar nicht notwendig ist? Das Geld kommt vom Staat. Jeder nach seinen Fähigkeiten – jeder nach seinen Bedürfnissen. Der Markt, als Feedback-Mechanismus für Exzellenz, Mittelmäßigkeit und Inkompetenz, ist viel zu hart. Ist es nicht, im wahrsten Sinne des Wortes, viel humaner, wenn Menschen über Menschen bestimmen, als wenn ein Marktmechanismus dezentral Informationen verarbeitet? Die Politik garantiert uns, uns vor jeglichen wirtschaftlichen Konsequenzen zu schützen. Der Corona-Wiederaufbaufonds der EU, die Aussetzung des Insolvenzrechts, die Zahlung von Kurzarbeitergeld. Mangelnde Produktivität muss nicht zum Bankrott führen. Wir sind jetzt alle Sozialisten!
2020 entsprach das Volumen der von der EZB gekauften Euro-Staatsanleihen 95,5 Prozent der neu ausgegebenen Schuldtitel der Euro-Mitgliedsländer. Im Juni desselben Jahres äußerte sich der Präsident der Dallas Fed, Robert Kaplan, besorgt darüber, dass die amerikanische Zentralbank wegen der Wirtschaftskrise, die durch die Eindämmungsmaßnahmen gegen das Virus verursacht wurde, nun ein monetäres Experiment durchführe. Dieses Experiment sei der Übergang in die Modern Monetary Theory (MMT), eine ökonomische Denkschule, die in den USA vor allem unter Demokraten wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez sehr beliebt ist.
Das ist nicht sonderlich verwunderlich. Beschreibt diese Theorie doch, wie Staaten ihre Ausgaben durch die Notenpresse finanzieren können, ohne dabei Angst vor einer Inflation haben zu müssen. Steigen die Preise, erhöht der Staat einfach die Steuern und drosselt somit die Nachfrage. Der omnipotente Staat ist in dieser Welt die Antwort auf alles. Er bringt produktive Investitionen für das Allgemeinwohl voran. Wer arbeitslos ist, wird in öffentlichen Unternehmungen beschäftigt. Das Wachstum wird zentral gesteuert, sodass keine Ressourcen verschwendet werden. Das Klima, die ganze Welt – gerettet! Der Corona-Wiederaufbaufonds mit dem Namen „NextGenerationEU“, der vor allem Investitionen im Rahmen des Europäischen Grünen Deals fördern soll, ist MMT. Ursula von der Leyen ist nur nicht so ehrlich wie Robert Kaplan, der noch hinzufügte, dass vor der Krise die meisten Ökonomen die MMT als wenig durchdacht und sogar gefährlich bezeichnet hätten.
Kennen Sie das SPD-Wahlplakat, auf dem Olaf Scholz, mit einem Briefwahlzettel in der Hand, mit folgendem Spruch wirbt: „Jetzt stabile Renten wählen. Scholz packt das an“? Es ist trivial zu erkennen, was das bedeutet. Wenn bei immer weniger Einzahlern die Auszahlung an immer mehr Berechtigte gleich bleiben soll, kann Scholz entweder zaubern, oder die Kinder der Babyboomer müssen in den nächsten Jahren mit noch höheren Abgaben belastet werden, als das heute bereits der Fall ist. Die Antwort ist natürlich ersteres. Er kann zaubern. Der Haushaltszuschuss zur Rente, der eine stabile Auszahlung ohne mehr Einzahlung möglich macht, beträgt mittlerweile über 100 Milliarden Euro im Jahr. Wenn Sie jetzt sagen, „ja, gut, das macht aber der Steuerzahler nicht ewig mit“, dann haben Sie die MMT noch nicht verstanden.
Der Staat zahlt seine Ausgaben doch nicht durch Steuern – weder aktuelle noch zukünftige – er druckt das Geld selbst und die Notenbank hält die Schuldtitel. Für den Politiker ist das ideal. So kann das Rentensystem zusammenbrechen und keiner verliert. So kann man Machtwechsel verhindern. Überall da, wo sich bereits längst eingetretene Verluste an der Oberfläche zu manifestieren drohen, spachtelt man staatliche Zuschüsse drüber. Das funktioniert so lange, wie das Vertrauen in das Finanzsystem besteht. Die Abkehr von dieser staatlichen Übertünchung von Marktallokationen wird nicht durch eine Abwahl der Verantwortlichen, durch internen politischen Wandel erfolgen, denn die wenigsten Wähler spüren die Verteilungseffekte direkt. Erst als die DDR wirtschaftlich zusammenbrach, kam das große Aufbegehren der vielen. Es braucht einen Schock von außen, der das Kartenhaus einstürzen lässt. Eines Morgens wachen wir auf und hören: „Schatz, das Finanzsystem ist zusammengebrochen.“
[...]
Doch nicht nur Institutionen sind ein Bollwerk gegen revolutionäre Tendenzen in einer Demokratie. Auch auf eine gesellschaftliche Tradition, die das Selbstverständnis hat, allen großen Propheten zu misstrauen, die sagen: „Wenn ihr uns nur volle Gewalt gebt, werden wir euch in den Himmel führen“, ist unsere Demokratie angewiesen. Die Antwort, auf solche Verlockungen muss, mit den Erfahrungen des langen 20. Jahrhunderts, immer sein: „Wir geben niemandem die volle Gewalt über uns. Wir wollen, dass die Gewalt auf ein Minimum reduziert wird.“ Nicht Schutz DURCH den Staat, sondern VOR dem Staat, ist die Errungenschaft des Rechtstaates. Die Umkehrung dieses Staatsverständnisses ist revolutionär. Die Rolle des Individuums hat sich geändert und die Institutionen haben diesen Wandel nicht aufgehalten. Im Gegenteil, sie begrüßen und beschleunigen ihn.
Je heterogener eine Gesellschaft in ihren Wertvorstellungen, je gespaltener in ihren Ansichten, desto lauter wird der Ruf nach einer autoritären Regierung, die endlich mal wieder für Ruhe und Ordnung sorgt. Je geringer sie das Individuum schätzt, desto weiter gerät die freie Marktwirtschaft, die manifestierte EntscheidungsFREIHEIT, ins Hintertreffen. Der Euro hat den Markt als Sanktionsmechanismus für überschuldete Staaten durch die Unglaubwürdigkeit der No-Bailout-Klausel abgeschafft. Die Ersparnis der Tüchtigen zerbröselt und wird an jene verteilt, die es angeblich brauchen und verdienen.
Die Klimapolitik zerschmettert nicht nur marktwirtschaftliche Prinzipien, sondern schert sich auch nicht um den gesunden Menschenverstand und logische Zusammenhänge, und Corona hat dem Staat nun alle Karten in die Hand gespielt. Der allmächtige Staat als Retter der durch ihn an der Arbeit Gehinderten druckt Geld und die Zentralbanken kaufen. Das nennt man MMT – TNT wäre angebrachter. Dennoch sorgt dies dafür, dass die Reallokation der Ressourcen noch nicht so spürbar ist. Sie bleibt unmerklich unter der Oberfläche. Doch wenn die Oberflächenspannung reißt, dann treffen Verteilungskonflikte eine gespaltene, vom Wohlfahrtsstaat abhängige Gesellschaft, die auch Parallelstrukturen mit ganz anderen Wertvorstellungen beheimatet. Die Inkaufnahme dieses Risikos ist ein Experiment, das es in dieser Form noch nicht gab. Linke – internationale und nationale Kollektivisten – hatten immer schon eine Agenda. Das Individuum ist ihnen egal. Zusammenbrechende Institutionen und ein Desinteresse des Einzelnen für liberale Traditionen bringen sie an die Macht. Wir befinden uns mitten in einer revolutionären Epoche, und die meisten scheinen es nicht einmal zu ahnen.