Die Charakteristika für Gemeinschaft, wie sie Scott Peck aufgelistet hat, bilden einen vorzüglichen Spiegel, in dem sich jeder prüfen kann. Wie steht es um meine Gemeinschaftsfähigkeit, meine Bereitschaft, fürs Gemeinsame, für die Liebe zu gehen? Es lohnt sich immer wieder, in diesen Spiegel zu schauen. Deshalb habe ich diese Charakteristika umformuliert in Ich-Fragen, die einen vielleicht noch mehr zu konfrontieren vermögen und aufzeigen, dass wirkliche Gemeinschaft sich nicht auf einer vagen Gemeinschaftsfähigkeit der gesamten Gemeinschaft, sondern auf der konkreten Gemeinschaftsfähigkeit ihrer einzelnen Mitglieder begründet. Deshalb habe ich auch an den Anfang zwei weitere Charakteristiken gestellt, die Scott Peck in seiner Arbeit nicht erwähnt, die mir aber absolut grundlegend erscheinen. Wichtig ist auch immer wieder zu sehen, dass diese Charakteristika nicht etwa Regeln sind, die man aufstellen könnte und die zu befolgen wären, damit wirkliche Gemeinschaft entsteht, sondern umgekehrt, wenn wirkliche Gemeinschaft auf der Basis von Selbsterkenntnis und ernsthafter Auseinandersetzung miteinander gefunden ist, wird sie sich ganz von selbst in diesen Charakteristika ausdrücken.
1. Also, an erster Stelle die absolute Number One unter diesen Charakteristika, auf denen sich wirkliche Gemeinschaft begründet:
Bin ich ein Alleinstehender, bin ich eine Alleinstehende?
Eine wirkliche Gemeinschaft besteht aus Alleinstehenden. Sie begründet sich auf dem Alleinsein. Die Menschen darin sind nicht zusammen, weil sie der Einsamkeit entfliehen wollen, sondern weil sie erwachsen sind und die Einsamkeit überwunden haben. Nur auf der Grundlage eines integrierten Alleinstehen-Könnens blüht wirkliche Gemeinschaft. Deshalb: Bin ich ein Alleinstehender, eine Alleinstehende?
2. Das vielleicht zweitwichtigste Charakteristikum für wirkliche Gemeinschaft wird in der Frage zusammengefasst:
Bin ich bereit, unter allen Umständen gut zu sein? Bin ich bereit, meine Gefühle bei mir zu behalten, dafür die Verantwortung zu übernehmen ganz und gar und nicht auszuagieren? Bin ich bereit, mit ihnen still zu sein bis in mir drin nichts anderes mehr zu finden ist als die Liebe, aus der heraus ich Wirklichkeit erkennen und ohne Motiv handeln kann?
Punkt 1 stimme ich völlig zu, allerdings würde ich die Begriffe "erwachsen" ("kindisch") so wohl nicht verwenden, wie es viele Deutsche tun. Ob ich Punkt 2 ganz so verstehe wie gemeint bin ich mir nicht sicher. Es geht da z.B. um Bereitschaft mit eigenen Gefühlen still zu sein? Ich stimme auch diesem Punkt zu, vermute aber, daß der Punkt sich vor allem an Menschen richtet, die da impulsiver veranlagt sind als ich es wohl bin.
3. Dies geht zusammen mit einem dritten Charakteristikum, dem ersten von Scott Peck erwähnten:
Bin ich einschliessend? Schliesse ich nichts und niemanden aus? Fühle ich mich zumindest schuldig, wenn ich an meine Grenzen stosse und einen anderen nicht ganz einschliessen kann? Leide ich daran, wenn nicht jeder ganz und gar Platz hat in meinem Herzen? Habe ich erkannt, dass alles und alle dazugehören, dass Gemeinschaft keine Outcasts kennt, keine Outgroups, keine Ausgeschlossenen? Haben vor allem auch alle menschlichen Emotionen und Gefühle in mir ihren Platz gefunden, so dass die Grundlage dafür, ein Einschliessender zu sein, in mir geschaffen ist? Bin ich so weit gegangen im Prozess der Selbsterkenntnis, dass alle Gefühle in mir gehalten und zu einer Einheit verschweisst sind, so dass auch die Liebe, die das Ganze ist, ihren Platz gefunden hat?
Einschließen, einschließen. Finde nur ich das auf eine etwas seltsame Weise mehrdeutig? Nicht auszuschließen wäre vielleicht der eigentliche Punkt. Und wieder geht es da um Emotionen, vielleicht Impulsivität, die ich oben schopn vermutete. Wann stoße ich an Grenzen, hat sich die Gemeinschaft an sich vielleicht auch gewisse Ausrichtungen gegeben? Geht es bei denen immer darum, daß man jemanden nicht mehr lieb haben würde oder manchmal vielleicht auch darum als Gemeinschaft nicht in Beliebigkeit und damit oft eben auch in einer ziemlichen Mainstreamnähe zu enden? Aber vielleicht geht es da eher um persönliche Befindlichkeiten, die nicht mit der Ausrichtung der ganzen Gemeinschaft zu tun hätten. Auch dann verstehe ich Gemeinschaft vielleicht mehr als Angebot, nicht als etwas in das jemand eingeschlossen sein muß (mit Schloß). Ja, ich finde es schade, wenn im Zusammenleben gewisse Klüfte bestehen. Oft hat das aus meiner Perspektive mit geringer bis fehlender Kommunikationsbereitschaft des anderen zu mir bedeutenden Punkten zu tun. Wie kommt man sich nahe? Reicht es einseitig "niemanden auszuschließen"? Was wenn mich jemand ganz anders empfindet als ich mich wahrnehme? Was wenn der andere ein "Zusammensein" sucht, um wie unter Punkt 1 erwähnt seiner Einsamkeit zu entfliehen? Wird der sich "angenommen fühlen", wenn der andere für sich alleinesteht?