Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
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Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Ich überlege gerade dazu herum. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Person A zieht es innerlich zu bestimmtem "Gemeinschaftserleben", gemeinsam zu singen. Person B ist zu gemeinsamem Singen reserviert eingestellt, hat aber auch keine "allergische" Abneigung dagegen. Mehr und mehr versucht B jedoch A zu verdeutlichen, daß gemeinsames Singen bei weitem nicht den Stellenwert besitzt, wie es bei A offenbar der Fall ist. Alle Hinweise bleiben fruchtlos und regelmäßig endet der von B her freundliche, entgegenkommende Kontakt mit A damit, daß B zu gemeinsamen Singen gedrängt wird. Bei A kommt anscheinend in keiner Weise an, daß gemeinsames Singen nicht für alle Menschen derart attraktiv ist. B greift nach längerer Geschichte dazu A mitzuteilen, es sei der eigene Wunsch nie wieder mit A zu singen. A sagt nicht viel dazu, weist nach einer Weile nebenbei mal auf die Launenhaftigkeit vieler Menschen hin. A schlägt B vor für B manches zu erledigen und anderes zusammen zu unternehmen. Wenn B dann A gegenüber wieder entspannter wird, beginnt A wieder auf gemeinsames Singen hinzulenken. Bis B dies kritisiert und wieder mehr Distanz einnimmt. Worauf dann nach einer Weile A wieder anbietet B bei etwas zu helfen und es wieder einen ähnlichen Verlauf nimmt. Das wiederholt sich wieder und wieder. B überlegt sich, ob es daraus noch einen anderen Ausweg geben könnte als dann völligen Kontaktabbruch, auch wenn A wieder "etwas für B zu tun" anbieten würde.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Marsianer hat geschrieben:
B überlegt sich, ob es daraus noch einen anderen Ausweg geben könnte als dann völligen Kontaktabbruch, auch wenn A wieder "etwas für B zu tun" anbieten würde.
Es käme massgeblich darauf an, welchen Stellenwert der Kontakt zu A im Leben von B innehat. Falls A sich nicht von sich aus für einen Kontaktabbruch entscheidet, würde B die Hoffnung nicht aufgeben wollen, dass A eines Tages begreift, dass gemeinsames Singen mit B nicht möglich ist, weil es keine Freude bereitet und somit das Gemeinschaftserleben nicht bereichern würde. B würde sich aber in seinem Anliegen treu bleiben und auf keinerlei Manipulationsversuche von A einsteigen. Er würde diese Haltung aufgrund seiner Wahrhaftigkeit standhaft kommunizieren, was möglicherweise bei A die Motivation fördern könnte, auch ihren Stellenwert, den sie dem Kontakt zu B einräumt, zu überdenken und sich diesbezüglich klar zu entscheiden.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Der Ansatz Kontakte würden höheren oder geringeren "Stellenwert" einnehmen, hätte wohl damit zu tun, daß manche für einen selbst als vorteilhafter erlebt werden, z.B.bereichsweise gegennüber dem einen ein tauglicheres Verstehen stattfinden kann als gegenüber einem anderen. Und daß es da um Bereiche geht, die demjenigen persönlich recht bedeutsam wären. Also könnte man die Frage auch so umformulieren welche Daseinsbereiche jemandem wieviel bedeuten.
Aus dem erwähnten Beispiel könnte man entnehmen, daß B es etwas bedeutet im Umgang mit anderen Menschen entspannt sein zu können, nicht in gewisser Weise Defensive auf "Standby" laufen zu lassen, sondern jemandem gegenüber vertrauensvoll darauf verzichtren und im Empfinden "näher zusammen" sein zu können. A hingegen deutet vielleicht die Entspannung so, daß B nun wieder "gure Laune" hat und offen für gemeinsames Singen wäre.
Aus dem erwähnten Beispiel könnte man entnehmen, daß B es etwas bedeutet im Umgang mit anderen Menschen entspannt sein zu können, nicht in gewisser Weise Defensive auf "Standby" laufen zu lassen, sondern jemandem gegenüber vertrauensvoll darauf verzichtren und im Empfinden "näher zusammen" sein zu können. A hingegen deutet vielleicht die Entspannung so, daß B nun wieder "gure Laune" hat und offen für gemeinsames Singen wäre.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Marsianer hat geschrieben:
Aus dem erwähnten Beispiel könnte man entnehmen, daß B es etwas bedeutet im Umgang mit anderen Menschen entspannt sein zu können, nicht in gewisser Weise Defensive auf "Standby" laufen zu lassen, sondern jemandem gegenüber vertrauensvoll darauf verzichtren und im Empfinden "näher zusammen" sein zu können. A hingegen deutet vielleicht die Entspannung so, daß B nun wieder "gure Laune" hat und offen für gemeinsames Singen wäre.
Wie liessen sich diese verschiedenen Deutungen im Gemeinschaftsleben einander annähern? Dass der eine nun Entspannung dem anderen "zuliebe" anders empfinden sollte, ist wohl unrealistisch. Dem Thema einfach den Rücken zuzukehren und es unter den Tisch zu wischen ist auch keine Lösung, denn die Kluft dazwischen bleibt bestehen. Eine Möglichkeit, sich zu treffen, wäre zum Beispiel die gegenseitige Auseinandersetzung mittels Schriftkommunikation, wo man seine persönlichen Bedürfnisse begründet und offen dafür ist, diesen Gründen selbst nachzugehen und in sich danach zu forschen, ob daran etwas verändert werden könnte, ohne dadurch ein Verbiegen der Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber anzustreben.
Eine wohlwollende Haltung dem anderen gegenüber schliesst ein, diesen in seiner Selbsterforschung zu unterstützen, ihm nichts aufzuzwingen und ihn in jeder Hinsicht frei entscheiden zu lassen. Ebenso schliesst es ein, die Verantwortung für sein Verhalten selbst zu übernehmen und nicht dem anderen in die Schuhe zu schieben, auch wenn dies mit einem Empfinden von Schmerz einhergehen kann, der zwar in der gegenseitigen Auseinandersetzung zur Auswirkung gekommen ist, jedoch in den meisten Fällen selbst verursacht wurde.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Agape hat geschrieben:Wie liessen sich diese verschiedenen Deutungen im Gemeinschaftsleben einander annähern? Dass der eine nun Entspannung dem anderen "zuliebe" anders empfinden sollte, ist wohl unrealistisch.
Wie meinst du das mit "Entspannung empfinden sollen"? Um wen ginge es da, A oder B? Es wäre vielleicht auch die Frage, wann wir uns zu sehr in Details des Beispiels verlieren würden.
Dem Thema einfach den Rücken zuzukehren und es unter den Tisch zu wischen ist auch keine Lösung, denn die Kluft dazwischen bleibt bestehen.
Ich würde sagen, das läge meist im Interesse desjenigen, der sich zu fraglichen Punkten nicht reflektieren möchte oder eine gewisse ihm vorteilhafte Machtposition schützen will. Etliche Menschen glauben an sich auch nicht an Lösungen durch Aussprachen oder Konsensorientiertheit (im Jakobgut würde das der grundlegenden Ausrichtung eher widersprechen).
Eine Möglichkeit, sich zu treffen, wäre zum Beispiel die gegenseitige Auseinandersetzung mittels Schriftkommunikation, wo man seine persönlichen Bedürfnisse begründet und offen dafür ist, diesen Gründen selbst nachzugehen und in sich danach zu forschen, ob daran etwas verändert werden könnte, ohne dadurch ein Verbiegen der Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber anzustreben.
Eine wohlwollende Haltung ...
Bei uns wäre das eine Art Wunschvorstellung, ja. Es ging im Beispiel aber nicht speziell um Lebensgemeinschaftswohnsituationen.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Marsianer hat geschrieben:
Wie meinst du das mit "Entspannung empfinden sollen"? Um wen ginge es da, A oder B? Es wäre vielleicht auch die Frage, wann wir uns zu sehr in Details des Beispiels verlieren würden.
Ich griff dein Beispiel von oben auf, was sich aber auf jede andere Bedeutung eines gewissen Empfindens übertragen liesse:
Aus dem erwähnten Beispiel könnte man entnehmen, daß B es etwas bedeutet im Umgang mit anderen Menschen entspannt sein zu können, nicht in gewisser Weise Defensive auf "Standby" laufen zu lassen, sondern jemandem gegenüber vertrauensvoll darauf verzichtren und im Empfinden "näher zusammen" sein zu können. A hingegen deutet vielleicht die Entspannung so, daß B nun wieder "gure Laune" hat und offen für gemeinsames Singen wäre.
Oben ging es um zwei verschiedene Definitionen von Entspannung und was diese für jeden einzelnen bedeuten würde - also betrifft es sowohl A als auch B.
Bei uns wäre das eine Art Wunschvorstellung, ja. Es ging im Beispiel aber nicht speziell um Lebensgemeinschaftswohnsituationen.
Es geht ja im ersten Beitrag dieses Threads um die Frage, ob es eine Alternative zu einem völligen Kontaktabbruch gäbe. Diese Alternative würde meiner Ansicht nach in einer möglichst sachlichen Kommunikation liegen, wo jeder Beteiligte daran interessiert ist, eine Konfliktlösung ohne einen "faulen Kompromiss" einzugehen oder einen Kontakt aus Unfähigkeit zur Selbstreflexion und Ehrlichkeit sich selbst und dem anderen gegenüber abzubrechen, zu finden.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Agape hat geschrieben:Oben ging es um zwei verschiedene Definitionen von Entspannung
Eigentlich um ein Empfinden von "Entspannung" bei B, das von A eventuell anders gedeutet würde?
in einer möglichst sachlichen Kommunikation liegen, wo jeder Beteiligte daran interessiert ist, eine Konfliktlösung ohne einen "faulen Kompromiss" einzugehen oder einen Kontakt aus Unfähigkeit zur Selbstreflexion und Ehrlichkeit sich selbst und dem anderen gegenüber abzubrechen, zu finden.
Ja, laut Beispiel hätte B ja schon desöfteren versucht es A zu verdeutlichen. Natürlich könnte man immer erwägen, daß es irgendwie anders doch funktionieren könnte. Offenbar hat A eine starke Tendenz immer zum gemeinsamen Singen zu kommen. Und in bisherigen Versuchen auf das Empfinden von B hinzuweisen gelang es wohl nicht.
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Re: Umgang mit unliebsamen Tendenzen anderer
Gewissermaßen geht es hier um ein Kernmotiv dieses Forums: "miteinander reden"
Und vielleicht eine Variante der Frage nach "Hochenergie oder Leerheit" auf ganz banal alltäglicher Ebene.
Was ist es, wenn ein Mensch eine solche Tendenz hat wie offenbar im Beispiel das gemeinsame Singen? Manche Menschen sind sogar stolz auf solche Tendenzen, daß sie für etwas stehen, sie "etwas bewegen". Das stellt sich möglicherweise als eine Art Idealismus dar, der tatsächlich auch mitentscheidet, welche Kontakte wie sehr an sich herangelassen werden. Wenn man so wollte besteht mit solchen Tendenzen dann "Trennung", was als Erkenntnisabklatsch manche dann wiederum ernsthaft als eine Art genau solchen "trennenden" Ideals verfechten (du bist besser, wenn ...), sich darum ereifern. Hier ginge es dann nicht an sich darum Ansichten zu vertreten, daß das an sich "trennend" wäre, sondern dies in einer solch schneidenden Weise zu tun, daß andere wegen ihrer Ansichten zurückgewiesen werden. Oder hier im Beispiel auf eine ganz andere Weise eine vorhandene Tendenz ausgelebt wird. Aber wäre der Wunsch Bs nach "Entspannung" etwas anderes? Käme dies der Leerheit gleich oder wäre dieser Wunsch letztlich eine Tendenz, die auch nicht anderer Art wäre wie der Wunsch nach gemeinsamem Singen (eine Form von "Hochenergie", da es eine Tätigkeit ist die zeitlich begrenzt ist und offenbar auch innerlich wirkt).
Was ist es, wenn B ja oft versuchte mit A über das eigene Empfinden zu reden, es aber nicht gelang? Entspräche das vielleicht dem "Verschlossensein" von "Hochenergie"?
Und vielleicht eine Variante der Frage nach "Hochenergie oder Leerheit" auf ganz banal alltäglicher Ebene.
Was ist es, wenn ein Mensch eine solche Tendenz hat wie offenbar im Beispiel das gemeinsame Singen? Manche Menschen sind sogar stolz auf solche Tendenzen, daß sie für etwas stehen, sie "etwas bewegen". Das stellt sich möglicherweise als eine Art Idealismus dar, der tatsächlich auch mitentscheidet, welche Kontakte wie sehr an sich herangelassen werden. Wenn man so wollte besteht mit solchen Tendenzen dann "Trennung", was als Erkenntnisabklatsch manche dann wiederum ernsthaft als eine Art genau solchen "trennenden" Ideals verfechten (du bist besser, wenn ...), sich darum ereifern. Hier ginge es dann nicht an sich darum Ansichten zu vertreten, daß das an sich "trennend" wäre, sondern dies in einer solch schneidenden Weise zu tun, daß andere wegen ihrer Ansichten zurückgewiesen werden. Oder hier im Beispiel auf eine ganz andere Weise eine vorhandene Tendenz ausgelebt wird. Aber wäre der Wunsch Bs nach "Entspannung" etwas anderes? Käme dies der Leerheit gleich oder wäre dieser Wunsch letztlich eine Tendenz, die auch nicht anderer Art wäre wie der Wunsch nach gemeinsamem Singen (eine Form von "Hochenergie", da es eine Tätigkeit ist die zeitlich begrenzt ist und offenbar auch innerlich wirkt).
Was ist es, wenn B ja oft versuchte mit A über das eigene Empfinden zu reden, es aber nicht gelang? Entspräche das vielleicht dem "Verschlossensein" von "Hochenergie"?
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