Robert Kardinal Sarah, Kraft der Stille hat geschrieben:(12) Die Stille ist keine Abwesenheit. Sie ist im Gegenteil Ausdruck einer Gegenwart, der intensivsten Gegenwart. Dass die Stille in der modernen Gesellschaft in Verruf geriet, ist Symptom einer schweren und beunruhigenden Krankheit. Die wahren Fragen des Lebens stellen sich in der Stille. [...] Stille ist nämlich in Vereinigung mit Einsamkeit und Wüste keineswegs eine Abkapselung, Leere oder Verschwiegenheit, ebenso wie ein wahres Wort kein Geplapper ist, sondern notwendig, um Gott, dem Nächsten und sich selbst gegenwärtig zu sein.
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Sarah hat geschrieben:Benedikt XVI. und der heilige Papst Johannes Paul II. haben der Stille oft eine positive Bedeutung beigemessen. Die Stille ist nämlich in der Vereinigung mit Einsamkeit und Wüste keineswegs eine Abkapselung, Leere oder Verschwiegenheit, ebenso wie ein wahres Wort kein Geplapper ist, sondern notwendig, um Gott, dem Nächsten und sich selbst gegenwärtig zu sein.
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Sarah kommt im genannten Buch auch sonst immer wieder mal auf die Wüste zurück.
[Diat:] In einem Brief an seinen Freund Raoul le Verd, den Dompropst des Kapitels von Reims, betont der heilige Bruno: "Welchen Nutzen und welche göttliche Freude die Einsamkeit und die Stille der Wüste denen bringen, die sie lieben, können allein jene ermessen, die sie erfahren haben." Worin besteht der eigentliche Zusammenhang zwischen der Einsamkeit und der Wüstenstille?
(103) [Sarah:] In meinem Sehnen danach, Gott zu sehen und zu hören, habe ich oft die Einsamkeit und die Wüstenstille erprobt. Als ich Erzbischof von Conakry war, zog ich mich häufig an einen einsamen Ort zurück und badete in Einsamkeit und Stille. Natürlich gab es Leben um mich herum. Ich hörte die Vögel zwitschern. Doch ich habe mir eine innere Wüste geschaffen, ohne Wasser und ohne Nahrung. Kein Mensch war zugegen. Ich lebte in Fasten und Beten; meine einzige Nahrung war die Eucharistie und das Wort Gottes.
Die Wüste ist der Ort des Hungers, des Durstes und des geistigen Kampfes. Es ist lebensnotwendig, uns in die Wüste zurückzuziehen, um gegen die Diktatur einer Welt zu kämpfen, die voller Götzen ist, die sich mit Technik und materiellen Gütern vollstopft, die von den Medien beherrscht und manipuliert wird; einer Welt, die vor Gott flieht und im Lärm Zuflucht sucht. Wir müssen der modernen Welt helfen, die Wüste zu erfahren. Denn dort können wir von den täglichen Ereignissen Abstand nehmen. Wir können dem Lärm und der Oberflächlichkeit entfliehen. Die Wüste ist der Ort des Absoluten, der Ort der Freiheit. Es ist kein Zufall, dass die Wüste der Geburtsort des Monotheismus ist. Die Wüste ist monotheistisch; sie schützt uns vor den vielen Götzen, welche die Menschen aufstellen. In diesem Sinn ist die Wüste ein Ort der Gnade. Weit weg von allen Beschäftigungen findet der Mensch dort seinen Schöpfer und seinen Gott.
(104) Die großen Dinge haben ihren Anfang in der Wüste, in der Stille, in der Armut, im Zurücklassen. Schaut euch Mose, Elija, Johannes den Täufer und Jesus selbst an! Gott führt uns in die Wüste, um zu unseren Herzen zu sprechen (vgl. Hos 2,14-25). Doch die Wüste ist nicht nur ein Ort, an dem die Menschen die körperliche Prüfung des Hungers, des Durstes und der völligen Bedürftigkeit erfahren können. Sie ist auch das Land der Versuchung, wo sich die Macht des Satans zeigt. Der Teufel führt uns oft umher, um uns alle Pracht der Welt in den leuchtendsten Farben zu präsentieren und um uns davon zu überzeugen, dass wir Unrecht täten, ihr zu widersagen. Wenn wir in die Wüste gehen, tritt Jesus hervor und stellt Sich vehement der verlockenden Macht des Satans entgegen. Auf diese Weise führt Er das Ereignis Seiner Menschwerdung und Taufe weiter. Es genügt Ihm nicht, in das tiefe Wasser des Jordans hinabzusteigen. Christus steigt auch bis zum Grund des menschlichen Elends hinab, bis hin zu den Bereichen der gebrochenen Liebe, der zerstörten Beziehungen, bis zur verdorbensten Diktatur des Fleisches, bis zur Einsamkeit der von Sünde gekennzeichneten Welt. Die Wüste lehrt uns, gegen das Böse und all unsere schlechten Neigungen zu kämpfen, um die Würde der Gotteskindschaft wiederzuerlangen. Es ist unmöglich, in das Geheimnis Gottes einzutreten. ohne in die Einsamkeit und Stille unserer eigenen Wüste einzutreten.
(105) Alle Propheten gingen in die Wüste, um Gott zu begegnen. Die Gotteserfahrung ist untrennbar mit der Erfahrung der Wüste verbunden.
(106) Der heilige Johannes der Täufer selbst hat dreißig Jahre in der Wüste verbracht: "Das Kind wuchs heran und sein Geist wurde stark. Und Johannes lebte in der Wüste, bis zu dem Tag, an dem er den Auftrag erhielt, in Israel aufzutreten" (Lk 1,80). Johannes der Täufer baute seine Beziehung zu Gott an einem Ort der größten Stille auf. Die Wüste führt zur Stille und die Stille führt in die tiefste Vertrautheit mit Gott.